26.06.2024 17:15:30 - dpa-AFX: ROUNDUP: Bundesregierung erzwingt Abschwächung von Sanktionsplan gegen Belarus

BRÜSSEL (dpa-AFX) - Deutschland und einige andere Exportländer haben eine
Abschwächung von EU-Sanktionsplänen gegen Russlands Partnerland Belarus
erzwungen. Wie mehrere Diplomaten am Mittwoch in Brüssel sagten, konnte
insbesondere wegen deutscher Widerstände keine Einigung auf ein umfangreiches
EU-Ausfuhrverbot für Fahrzeuge erzielt werden. Lediglich solche, die auch
militärisch genutzt werden können, sollen künftig nicht mehr nach Belarus
ausgeführt werden dürfen. Unterstützt wurden Abschwächungsforderungen nach
Informationen der Deutschen Presse-Agentur auch von Frankreich. Auch für
Luxusgüter wie Lederwaren, Parfüms und Weine soll es demnach Ausnahmen geben.

Die belgische EU-Ratspräsidentschaft hatte am Mittwoch ohne die Angabe von
Details angekündigt, dass sie die EU-Staaten auf neue Sanktionen gegen
verständigt hätten. Mit ihnen solle hauptsächlich die Umgehung von bereits
bestehenden Russland-Sanktionen erschwert werden, hieß es. Man verstärke weiter
die Maßnahmen in Reaktion auf Russlands Invasion in die Ukraine.

Die Einigung auf das Sanktionspaket wurde den Angaben zufolge bei einer
Sitzung der ständigen Vertreter der Mitgliedstaaten bei der EU in Brüssel
erzielt. Sie muss nun nur noch in einem schriftlichen Verfahren formalisiert
werden.

Vor allem mittel- und osteuropäische Länder wie Polen und die baltischen
Staaten hatten in den monatelangen Verhandlungen darauf gedrungen, gegen Belarus
die gleichen Wirtschaftssanktionen zu verhängen wie gegen Russland. Als Grund
wurde neben der belarussischen Unterstützung für den russischen Angriffskrieg
gegen die Ukraine auch genannt, dass Russland und Belarus durch eine Zollunion
verbunden seien und Waren ungehindert von dem einen Land ins andere fließen
könnten.

Mit Blick auf den Automarkt wurden etwa Statistiken angeführt. Demnach ist
die Ausfuhr von Fahrzeugen aus der EU nach Belarus deutlich angestiegen, nachdem
ein Ausfuhrverbot nach Russland verhängt wurde. Dies sei nicht auf ein größeres
Interesse an EU-Fahrzeugen in Belarus, sondern auf Sanktionsumgehungen
zurückzuführen, hieß es.

Gegner von noch weitreichenderen Strafmaßnahmen argumentierten hingegen
auch, dass Belarus derzeit noch keine direkte Kriegspartei sei und es auch
deswegen vorerst noch keine hundertprozentige Angleichung an die
Russland-Sanktionen geben sollte.

Streit hatte es lange auch um mögliche Ausnahmen für bestehende Sanktionen
gegeben, die sich gegen den Handel mit Kalidüngemitteln aus Belarus richten.
Diese solle allerdings nicht angetastet werden, weil sie nach jüngsten Analysen
nicht die Düngemittelversorgung in Drittländern einschränken.

Die Bundesregierung hatte jüngst auch bei den Verhandlungen über ein 14.
Paket mit Russland-Sanktionen Abschwächungen zugunsten der deutschen Wirtschaft
durchgesetzt. So wurde eine Ausweitung der sogenannten "No Russia Clause" auf
Tochterunternehmen von EU-Unternehmen verhindert. Mit dieser wird von
EU-Exporteuren verlangt, dass sie die Wiederausfuhr von bestimmten Gütern nach
Russland vertraglich verbieten. Kritiker befürchten, dass Russlands
Rüstungsindustrie deswegen vorerst weiter Zugriff auf westliche Güter und
Technologien haben wird, um Waffen für den Krieg gegen die Ukraine herzustellen.

Belarus ist wegen seiner Unterstützung für Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine in Europa weitgehend isoliert. Lediglich Ungarn unterhält aus der EU
noch engere Kontakte zu dem Land. Bereits heute gibt es weitreichende
EU-Strafmaßnahmen gegen Belarus. Sie umfassen Ausfuhrverbote für Waffen und
Güter und Technologien der Luftfahrt-, Weltraum- und Verteidigungsindustrie.
Zudem wurde etwa der Ausschluss von vier belarussischen Banken aus dem
Finanzkommunikationssystem Swift erlassen und ein Transaktionsverbot mit der
belarussischen Zentralbank verhängt./aha/DP/jha

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