WARSCHAU (dpa-AFX) - Polen fahndet landesweit nach einem Richter, der sich
kürzlich ins autoritär regierte Belarus abgesetzt hat. Auch ein Europäischer
Haftbefehl werde beantragt, sagte der Sprecher der zuständigen
Staatsanwaltschaft am Mittwoch. Ein Gericht in Warschau ordnete eine
dreimonatige Untersuchungshaft für den Mann an. Auf dieser Basis wird nun nach
ihm gefahndet.

In der vergangenen Woche hatte Richter Tomasz Szmydt vom Warschauer
Bezirksverwaltungsgericht in Belarus um Asyl gebeten. Bei einer Pressekonferenz
in Minsk bat er Machthaber Alexander Lukaschenko persönlich um "Obhut und
Schutz". Seinen Schritt begründete der Richter damit, dass er mit der Politik
der derzeitigen polnischen Regierung nicht einverstanden sei und deshalb bedroht
werde.

Lukaschenko äußerte sich kurz darauf zu dem Fall. Er nannte Szmydt einen
"normalen, patriotischen Polen", dem er Schutz gewähren wolle, "damit die
Schufte den Mann nicht umbringen". Auch Kremlchef Wladimir Putin habe sich sehr
für den Fall interessiert, so Lukaschenko weiter.

Das Verhältnis zwischen dem EU- und Nato-Land Polen und seinem Nachbarland
Belarus ist seit Längerem angespannt. Polen gehört zu den wichtigsten
militärischen Unterstützern der von Russland angegriffenen Ukraine. Belarus ist
ein enger Verbündeter Moskaus.

Richter Szmydt war bereits 2019 in Polen in die Schlagzeilen geraten. Die
von 2015 bis 2023 amtierende nationalkonservative PiS-Regierung sorgte damals
mit ihren umstrittenen Justizreformen für viel Unruhe unter polnischen Richtern.
Szmydt und seine damalige Frau beteiligten sich an einer Schmutzkampagne in
sozialen Medien gegen Richter, die dem Vorhaben der PiS-Regierung kritisch
gegenüberstanden. In der Sache ermittelt bis heute die Staatsanwaltschaft. Nach
Angaben von Polens Justizminister Adam Bodnar hatte Szmydt in seiner Funktion
als Richter am Bezirksverwaltungsgericht in Warschau auch Zugang zu Dokumenten,
die der Geheimhaltung unterliegen./dhe/DP/men