10.07.2024 18:58:40 - dpa-AFX: POLITIK/Lemke über Lager Asse: Radioaktive Abfälle müssen spätestens 2033 raus

REMLINGEN (dpa-AFX) - Umweltministerin Steffi Lemke (Grüne) sieht im
Verbleib radioaktiver Abfälle in der niedersächsischen Schachtanlage Asse einen
Wettlauf gegen die Zeit. Die dort eingelagerten Fässer mit schwach- und
mittelradioaktiven Stoffen müssten "allerspätestens 2033" geborgen werden, sagte
Lemke am Mittwochnachmittag bei einem Besuch in dem maroden Atommülllager. Dort
machte sich die Ministerin ein Bild von der Entwicklung. In die Asse dringt
Salzwasser ein, das sich seit Anfang des Jahres im Inneren des Schachts aus
bislang ungeklärten Gründen neue Wege bahnt.

"Die Situation in der Asse ist eine, die ich sehr ernst nehme", betonte
Lemke. "Wir haben es jetzt seit mehreren Wochen mit veränderten Wasserzuflüssen
in der Asse zu tun, und deshalb bleibt und ist die Rückholung oberste
Priorität."

In der Hauptauffangstelle des Schachtes, in 658 Metern Tiefe, kommt nach
Angaben der Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) nur noch ungefähr 1
Kubikmeter Wasser pro Tag an - zuvor seien es 12,5 Kubikmeter gewesen. Ein
großer Teil des Wassers werde nun in größerer Tiefe, nur wenige Meter von den
eingelagerten Atomfässern entfernt, aufgefangen. Wo das restliche Wasser
hinfließt, ungefähr 3 Kubikmeter, ist derzeit unklar.

In der Schachtanlage liegen in 13 Kammern rund 126 000 Fässer mit schwach-
und mittelradioaktiven Abfällen, die in den 60er und 70er Jahren dort
eingelagert worden waren. Da die Asse seit Jahren als instabil gilt, sollen die
Fässer zurückgeholt werden. Es sei "verantwortungslos" gewesen, sie überhaupt
dort einzulagern, betonte Lemke, die sich vor dem Besuch im Schacht den Fragen
wütender Anwohner stellte und sich auch mit dem Gemeindebürgermeister Dirk
Neumann traf.

Die Vertreter mehrerer Bürgerinitiativen hatten sich am Mittwoch vor dem
Besuch der Ministerin nahe der Schachtanlage versammelt, um gegen die
politischen Entscheidungsträger zu demonstrieren. Sie werfen der Ministerin
unter anderem vor, sie nicht in die Entscheidungen zur Rückholung der Fässer
einzubinden. Um die Fässer über Tage sicher lagern zu können, bedarf es eines
Zwischenlagers, das den aktuellen Plänen zufolge in direkter Nähe zum Schacht
gebaut werden soll. Die Anwohner befürchten, dass es nicht bei einem
Zwischenlager bleiben könnte, sondern dass das Lager zum Endlager für die
Abfälle werden könnte. Lemke äußerte Verständnis für diese Sorgen, betonte aber
zugleich, dass kein Weg daran vorbeiführe, die Fässer so schnell wie möglich aus
dem Schacht zu bergen.

Dass dies geschehen muss, ist seit Jahren klar und auch gesetzlich geregelt. Für die Stilllegung und Räumung ist die Betreibergesellschaft BGE
verantwortlich. Nach den aktuellen Plänen soll frühestens 2033 mit der
Rückholung der Abfälle begonnen werden. Im kommenden Jahr wolle die BGE den
Antrag für den Bau eines Rückholwerkes, das für die Bergung der Fässer nötig
ist, einreichen, sagte BGE-Chefin Iris Graffunder. Auch sie hält den Zeitplan
bis 2033 für ambitioniert, betont aber, dass dringend nötig sei, ihn zu
verfolgen.

Es gebe keine gute Alternative, denn: Sollte so viel Wasser in die Anlage
eindringen, dass eine Rückholung der Fässer nicht mehr verantwortbar wäre,
müsste das Bergwerk verschlossen werden. Dann würden Notfallmaßnahmen greifen.
Derzeit zeichne sich eine solche Situation aber nicht ab, betonte Lemke. "Wir
haben keine akute Katastrophe."/faa/DP/men

© 2000-2024 DZ BANK AG. Bitte beachten Sie die Nutzungsbedingungen | Impressum
2024 Infront Financial Technology GmbH