23.05.2024 12:40:45 - dpa-AFX: ROUNDUP 3: China übt mit Großmanöver Blockade Taiwans - Warnung an Westen

(neu: Angaben zu chinesischen Schiffen und Flugzeugen)

PEKING/TAIPEH (dpa-AFX) - Als "Strafe" und "Warnung" zugleich - China hat
kurz nach der Amtseinführung des neuen Präsidenten in Taiwan eine großangelegte
Militärübung um die ostasiatische Inselrepublik begonnen. "Dies ist auch eine
harte Strafe für die separatistischen Kräfte einer Unabhängigkeit Taiwans und
eine ernsthafte Warnung gegen Einmischung und Provokation durch externe Kräfte",
erklärte der Sprecher des Ost-Verbandes der Volksbefreiungsarmee, Marine-Oberst
Li Xi, am Donnerstag. Heer, Marine, Luftwaffe und die Raketen-Streitkräfte
hielten von Donnerstagmorgen (Ortszeit) bis Freitag Übungen in der Meerenge
zwischen China und Taiwan (Taiwanstraße) und um Taiwan ab.

Das taiwanische Verteidigungsministerium sprach am Donnerstag von mindestens 15 Schiffen der chinesischen Marine, 16 Schiffen der chinesischen Küstenwache
und mehr als 40 chinesischen Kampfflugzeugen, die rund um die Insel gesichtet
worden seien.

Das chinesische Militär will den Angaben zufolge die gemeinsame
Kampfbereitschaft zu Wasser und in der Luft sowie den Angriff auf Schlüsselziele
trainieren. Schiffe und Flugzeuge würden sich Taiwan von Norden, Süden und Osten
für "Patrouillen" nähern und auch mehreren Inseln nahekommen, zum Beispiel dem
nur wenige Kilometer vom chinesischen Festland entfernten Eiland Kinmen. Die
Taiwanstraße ist an ihrer engsten Stelle rund 130 Kilometer breit.

Militärexperte zu Zielen: Energieimporte und US-Unterstützung verhindern

Militärexperte Zhang Chi sagte im chinesischen Staatsfernsehen, China
simuliere eine Blockade Taiwans. Die Armee wolle damit üben, Energieimporte "als
Lebensader" nach Taiwan zu stoppen, Fluchtwege für Taiwans Politiker ins Ausland
abzuschneiden und Unterstützung von Verbündeten wie den USA zu verhindern. Die
Übung dürfte damit die größte seit April 2023 sein, als China ebenfalls eine
Blockade probte. Die Übungen stimmten mit dem Völkerrecht überein und seien
völlig gerechtfertigt und nötig, sagte der Sprecher des chinesischen Außenamtes,
Wang Wenbin. Alle separatistischen Kräfte einer Unabhängigkeit Taiwans würden
"im Angesicht der geschichtlichen Entwicklung einer völligen Wiedervereinigung
Chinas zerschmettert" werden, erklärte er weiter.

Taiwans Vize-Verteidigungsminister Po Horng-huei sagte, das Ziel sei diesmal offensichtlich zu zeigen, dass China Kontrolle über die Region habe. Anders als
bei einer großangelegten Übung nach dem Besuch der damaligen Sprecherin des
US-Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, in Taiwan im August 2022, habe China
diesmal keine Verbotszonen für Schiffe oder Flugzeuge ausgewiesen, erklärte er.

Kritik aus Taiwan: "Irrationale Provokation"

Taiwans Verteidigungsministerium verurteilte die Militärübung als
"irrationale Provokation", die den Frieden und die Stabilität in der
Taiwanstraße gefährde. Taiwanische Streitkräfte zu Wasser, am Boden und in der
Luft seien entsendet worden, um "Freiheit und die Demokratie mit praktischen
Handlungen" zu verteidigen, hieß es aus Taipeh. Weitere Details zu den Maßnahmen
nannte das Ministerium nicht. "Es ist bedauerlich, die einseitigen
Militär-Provokationen zu sehen, die Taiwans Demokratie und Freiheit genauso wie
Frieden und Stabilität gefährden", sagte Präsidenten-Sprecherin Kuo Ya-hui.

Hintergrund der nun angekündigten Übung dürfte die Vereidigung des
taiwanischen Präsidenten Lai Ching-te am vergangenen Montag sein. Seine
Demokratische Fortschrittspartei (DPP) hatte im Januar die Präsidentschaftswahl
gewonnen und steht für eine Unabhängigkeit Taiwans, obwohl Lai bislang nicht
andeutete, diese offiziell erklären zu wollen. Die regierende Kommunistische
Partei in Peking wirft der DPP Separatismus vor. Chinas Regierung hatte Lais
Antrittsrede als gefährliches Signal für eine Unabhängigkeit gewertet und las
darin einen radikaleren Ansatz heraus. Lai hatte etwa gefordert, dass China
Taiwans Existenz akzeptieren müsse.

Warnung auch an Taiwans Verbündete

China betrachtet Taiwan als Teil seines Territoriums, obwohl dort seit
Jahrzehnten stets unabhängige und demokratisch gewählte Regierungen an der Macht
sind. Die Führung in Peking hat bereits mehrmals damit gedroht, die mehr als 23
Millionen Einwohner zählende Insel und das Festland mit militärischen
Zwangsmitteln zu vereinen. Neben regelmäßigen Übungen der Streitkräfte fliegen
beinahe täglich Kampfflugzeuge in Richtung Taiwan, um die militärische Macht der
Volksbefreiungsarmee zu demonstrieren.

Die Übung dürfte auch den Verbündeten Taiwans als Warnung gelten und
insbesondere den USA, die der Inselrepublik für den Verteidigungsfall
Unterstützung zugesichert haben und ihr zum Ärger Pekings regelmäßig Waffen
liefern./jon/DP/ngu

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