18.06.2024 12:39:59 - dpa-AFX: EM 2024: Frankreich und die Folgen von Mbappés Nasenbeinbruch

DÜSSELDORF/PADERBORN (dpa-AFX) - Kylian Mbappé war schon wenige Stunden nach
seinem furchteinflößenden Nasenbeinbruch wieder halbwegs zu Scherzen aufgelegt.
Die französischen Fußballfans sind seit der Nacht auf Dienstag dagegen in großer
Aufregung. Kann der Superstar der Équipe Tricolore am Freitag im möglicherweise
schon vorentscheidenden Gruppenspiel gegen die Niederlande wieder spielen oder
nicht? Laut dem französischem Fußballverband FFF ist dies noch unklar.

Die Spekulationen sind entsprechend wild, das Spektrum ist riesig. Der
Hörfunksender RMC will erfahren haben, dass Mbappé am Freitag beim
Vorrundenkracher wieder dabei ist. Mitspieler Adrien Rabiot hält einen Ausfall
dagegen für wahrscheinlich. Und RTL Frankreich meldete gar, Frankreichs Kapitän
drohe ein Ausfall bis zu einem möglichen Viertelfinale.

Die Grand Nation bangt

Beim 1:0-Zittersieg des EM-Favoriten zum Auftakt am Montag gegen Ralf
Rangnicks wackere Österreicher war Mbappé in der Schlussphase des Spiels in
Düsseldorf mit seinem Gesicht mit voller Wucht auf die Schulter des früheren
Fortuna-Profis Kevin Danso geprallt. Blutüberströmt wankte Mbappé nach
minutenlanger Behandlung und anschließenden Mätzchen schließlich vom Feld und
wurde schnell mit einem Rettungswagen in die Uniklinik Düsseldorf gebracht.
Immerhin blieb ihm die befürchtete Operation erspart. Klar ist seit dem frühen
Dienstag nur: Die Nase ist gebrochen und Mbappé benötigt eine speziell
angefertigte Maske bei seinem nächsten Einsatz. Wann der sein wird? Noch unklar.

"Ideen für Masken?", schrieb Mbappé kurz nach der Entlassung aus der Klinik
wieder bei X, vormals Twitter. Anderen ist weniger zum Schmunzeln zumute. "Es
geht ihm gar nicht gut", sagte Nationaltrainer Didier Deschamps mit ernster
Miene "Die Sache ist kompliziert." Schon vor der Rückfahrt ins Teamquartier nach
Bad Lippspringe bei Paderborn machte sich Deschamps Gedanken über einen
möglichen Ausfall seines Anführers. "Eine französische Nationalmannschaft mit
Kylian ist immer stärker", sagte der 55-Jährige.

Zumal er gegen die starken Niederländer sein Topteam benötigt. Bei einer
möglichen Niederlage droht dem Europameister von 1984 und 2000 nur Platz zwei in
der Gruppe D und damit ein Achtelfinal-Duell, das in Frankreich niemand will:
Mit dem Nachbarn Belgien.

Die Sorgen sind groß

Nicht nur bei Deschamps sind die Sorgen groß. "Opfer eines Knochenbruchs mit noch ungewissen Folgen", schrieb "Le Monde" und "Le Figaro" urteilte im Hinblick
auf die umgangene Operation: "Die Nachrichten sind zwar auf lange Sicht
beruhigend, aber kurzfristig alles andere als ermutigend."

Ohne Mbappé würde sich die gesamte Statik im Spiel der Franzosen verändern.
Über den pfeilschnellen künftigen Profi von Real Madrid läuft bei Les Bleus
nahezu alles in der Offensive. Auch am Siegtreffer am Montag durch das Eigentor
des Mönchengladbachers Maximilian Wöber (38. Minute) war Mbappé direkt
beteiligt. "Es ist sicher, dass sich ohne einen Spieler wie Kylian viele Dinge
ändern würden", sagte Abwehrspieler Jules Koundé.

Für Deschamps ist er unbestrittener Anführer. Mbappé setzte auch vor dem
Spiel schon ein viel beachtetes Zeichen, als er angesichts des Rechtsrucks in
seiner Heimat bei der Europawahl die junge Generation in Frankreich aufrief,
sich an der anstehenden Neuwahl zum französischen Parlament zu beteiligen. "Dies
ist ein wichtiger Moment in der Geschichte unseres Landes. Vielleicht ist er so
wichtig wie noch nie", sagte Mbappé und maß der Situation sogar größere
Bedeutung bei als dem eigenen EM-Auftakt.

Mutmaßungen über Leistungsabfall mit Maske

Nach seinem Unfall gibt es rund um die Équipe Tricolore nun aber nur noch
ein Thema: Mbappés Nase. Dabei wird auch die Frage erörtert, wie
leistungshemmend die Maske sein wird, wenn er wieder spielen kann. "Das Problem
ist hauptsächlich die Atmung, da es zu einer Schwellung in der Nase kommt", wird
ein HNO-Chirurg bei RMC zitiert.

Hinzu kommt, dass Mbappé ohnehin nicht beschwerdefrei ins Turnier ging.
Während der Vorbereitung hatte der 25-Jährige Rückenprobleme und einen Tritt
abbekommen, der ihn zu einer Schonzeit zwang. Beim 0:0 im letzten Testspiel
gegen Kanada wurde Mbappé erst spät eingewechselt. Schon da bekamen die
Franzosen einen Eindruck davon, wie fade die Offensive ohne ihren Topstar sein
kann. "Wenn es so kommt, werden wir auch ohne ihn kämpfen", sagte Deschamps
trotzig./lap/DP/mis

© 2000-2024 DZ BANK AG. Bitte beachten Sie die Nutzungsbedingungen | Impressum
2024 Infront Financial Technology GmbH