05.07.2024 06:00:10 - dpa-AFX: ROUNDUP: Nato-Chef hofft auf Beitritt der Ukraine binnen zehn Jahren

BRÜSSEL (dpa-AFX) - Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg wünscht sich einen
Beitritt der Ukraine zum Verteidigungsbündnis innerhalb des nächsten Jahrzehnts.
"Ich hoffe sehr, dass die Ukraine ein Verbündeter sein wird", entgegnete der
Norweger in einem Interview der Deutschen Presse-Agentur auf eine Frage zu einer
möglichen Bündniserweiterung in den nächsten zehn Jahren. Dafür habe er auch
während seiner bisherigen Amtszeit bei der Nato gearbeitet.

Stoltenberg rief zudem kurz vor dem Nato-Gipfel in Washington zu noch mehr
Militärhilfe für das von Russland angegriffene Land auf. "Je stärker unsere
Unterstützung ist, desto schneller kann dieser Krieg enden. (...) Je mehr wir
uns langfristig verpflichten, desto schneller kann der Krieg enden", sagte er.
"Denn jetzt glaubt (Russlands Präsident Wladimir) Putin, dass er uns aussitzen
kann. Wir müssen ihn überzeugen, dass er uns nicht aussitzen kann, und das kann
dann die Bedingungen schaffen, um den Krieg zu beenden."

Thema Osterweiterung ist im Bündnis ein heißes Eisen

Mit den Äußerungen zur Nato-Erweiterung stellt sich Stoltenberg kurz vor dem Gipfel in der nächsten Woche auf die Seite derjenigen Nato-Staaten, die auf
zeitnahe Fortschritte bei der grundsätzlich eigentlich schon 2008 vereinbarten
Aufnahme der Ukraine setzen. Innerhalb der Allianz ist das Thema umstritten.

Einen Zeitplan für die Aufnahme der Ukraine gibt es deswegen bislang genauso wenig wie eine offizielle Einladung. Zu letzterer wird die Nato nach einer
Gipfelerklärung aus dem vergangenen Jahr erst in der Lage sein, "wenn die
Verbündeten sich einig und Voraussetzungen erfüllt sind". Als konkrete Beispiele
wurden damals "zusätzliche erforderliche Reformen im Bereich der Demokratie und
des Sicherheitssektors" genannt.

Kanzler Scholz bremst

Um Fortschritte im Aufnahmeprozess machen zu können, wäre ein Konsens unter
den 32 Bündnismitgliedern notwendig. Diesen gibt es aber derzeit wegen Ländern
wie Deutschland und den USA nicht. So machte Bundeskanzler Olaf Scholz bei
Fragen zum Thema mehrfach deutlich, dass aus seiner Sicht zunächst einmal der
russische Angriffskrieg enden muss. Problematisch für die Ukraine ist
allerdings, dass dies für Moskau ein Argument gegen die Aufnahme von
Verhandlungen sein könnte. Eines der erklärten Kriegsziele von Kremlchef Putin
ist die Verhinderung eines Nato-Beitritts des Nachbarstaates.

Für Aufsehen sorgten deswegen jüngst auch Äußerungen des US-Präsidenten Joe
Biden. Auf die Frage nach einer Friedenslösung für das Land entgegnete Biden in
einem Interview mit dem US-Magazin "Time": "Frieden bedeutet, dafür zu sorgen,
dass Russland die Ukraine nie, nie, nie, nie besetzt." Damit sei aber nicht
gemeint, dass die Ukraine Teil der Nato sei. "Es bedeutet, dass wir mit ihnen
eine Beziehung haben, wie wir sie mit anderen Ländern haben, wo wir ihnen Waffen
liefern, damit sie sich in Zukunft selbst verteidigen können."

Um vom Nato-Gipfel dennoch eine positive Botschaft an die Menschen in der
Ukraine zu schicken, wird derzeit im Bündnis diskutiert, den Beitrittsprozess
des Landes als irreversibel - also als nicht aufzuhalten - zu beschreiben. Zu
dem Treffen der Staats- und Regierungschefs der Nato-Staaten wird als Gast auch
der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj erwartet. Mit ihm soll eine
Sitzung des sogenannten Nato-Ukraine-Rats organisiert werden.

Stoltenbergs letzter regulärer Gipfel

Für Stoltenberg wird der Nato-Gipfel in Washington der letzte reguläre vor
seinem Abschied von der Militärallianz sein. Er übergibt sein Amt zum 1. Oktober
nach zehn Jahren an den früheren niederländischen Regierungschef Mark Rutte. Zu
seinem designierten Nachfolger sagte Stoltenberg der dpa, dieser werde ein
hervorragender Nato-Generalsekretär sein. Rutte habe bereits in seiner früheren
Position als Ministerpräsident bewiesen, dass er Konsens schaffen könne. Die
notwendige Erfahrung und das Wissen für die neue Aufgabe bringe er
mit./aha/DP/zb

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