26.05.2024 14:38:43 - dpa-AFX: SPORT: Funkel sagt 'danke und tschüss' - geht aber nicht ganz

BERLIN (dpa-AFX) - Noch ein "Danke und tschüss" - dann war Friedhelm Funkel
weg und raus aus dem Fußball. Vielleicht nicht für immer, denn dieses
Pokalfinale von Berlin hat den ansonsten eher stoischen und pragmatischen
Trainer-Oldie sichtlich aufgewühlt. "Ich brauche jetzt eine Pause. Wenn ich
wieder erholt bin, bei Kräften bin, dann schließe ich nicht aus, noch mal was zu
machen", sagte Funkel. Sein Job beim 1. FC Kaiserslautern hat dem 70-Jährigen in
den vergangenen Monaten alles abverlangt, genauso wie seine Mannschaft Bayer
Leverkusen beim 1:0-Zittersieg des deutschen Meisters.

"Die Mannschaft hat alles, was in ihr steckt auf den Platz gebracht. Wir
haben mit sehr viel Herz verteidigt", lobte Funkel. Der Außenseiter aus der
zweiten Liga spielte am Samstagabend nach der Gelb-Roten Karte für Odilon
Kossounou eine Halbzeit lang in Überzahl, konnte diese aber nicht nutzen. Vor
dem Absturz in die dritte Liga hatte Funkel die Pfälzer retten können. Den
Rückstand durch ein Tor von Granit Xhaka (16. Minute) konnte er halt nicht
selbst wettmachen, weil er nicht mehr wie vor 39 Jahren im Endspiel mit Bayer
Uerdingen auf dem Rasen stand. Damals half er mit, den FC Bayern München mit 2:1
zu schlagen.

Funkel nimmt Applaus aus dem Leverkusen-Block nicht wahr

So verpasste Funkel auch in seinem dritten DFB-Pokal-Finale als Trainer den
Triumph. Dennoch feierten die FCK-Fans ihren "besten Mann" mit Gesängen. Der
Stadionsprecher forderte die Zuschauer vor der Siegerehrung zu einem "herzlichen
Applaus für die Trainer-Legende Friedhelm Funkel" auf - da klatschten sogar die
Leverkusen-Anhänger.

"Das ist sehr, sehr ungewöhnlich. Ich habe es leider, leider nicht
wahrgenommen", sagte Funkel, als er später bei der Pressekonferenz darauf
angesprochen wurde. Am liebsten hätte der Spezialist für
Zweitliga-Meisterschaften und verhinderte Bundesliga-Abstiege wohl alles von
diesem Abend in eine große Kiste gepackt und mitgenommen: die ganzen Emotionen,
den Willen seiner Spieler, die Wucht der FCK-Fans, vielleicht sogar noch einen
goldenen Schnipsel von der Siegerehrung und ein paar Grashalme.

Der Trainer-Oldie hat "Bock" weiterzumachen

"Ich habe das ganze Event hier rund um das Spiel aufgesogen. Das war ein
unglaubliches Gefühl von uns, vor der Kurve gefeiert zu werden. Das macht
einfach Lust auf mehr", sagte Funkel. Schon in den ersten Interviews nach dem
Abpfiff vor 74 322 Zuschauern im Olympiastadion hatte er bekräftigt: "Ich hätte
Bock, irgendwann vielleicht mal wieder weiterzumachen."

Auf dem Betzenberg geht es für Funkel nicht weiter, das hatten die
Verantwortlichen vor gut einer Woche kommuniziert. Dass der gebürtige Neusser
mit seiner direkten Art öfter mal angeeckt ist, bestätigte er indirekt: Er
wünsche den Verantwortlichen, "dass sie einen Trainer verpflichten können, der
zu diesem Verein passt, der ein bisschen dickköpfig ist. Der eine eigene Meinung
hat, der diese eigene Meinung auch durchsetzt und umsetzt in der Arbeit mit der
Mannschaft."

Hengens krächzender Kommentar

Und man solle doch einfach mal Geduld haben mit einem Trainer, forderte
Funkel. Dabei hätte er selbst diesen denkwürdigen Abend nie auf der Bank erlebt,
wenn der FCK in dieser Saison zuvor nicht schon Dirk Schuster und Dimitrios
Grammozis vor die Tür gesetzt hätte. Die Gespräche wegen der Funkel-Nachfolge
liefen, sagte Thomas Hengen.

Dem Geschäftsführer war in dem aufreibenden Finale fast die Stimme
abhandengekommen. Ihm wird nicht gerade das beste Verhältnis zu Funkel
nachgesagt. Sein krächzender Kommentar beinhaltete zwar auch Lob für die
Mannschaft, fiel ansonsten aber nicht unkritisch aus nach einem famosen, wenn
auch glücklosen Auftritt einer zuvor nicht einmal durchschnittlichen
Zweitliga-Mannschaft: "Wir haben bisschen zu verhalten gespielt dann, da war
mehr drin", sagte Hengen mit Blick auf die Überzahl nach der Pause. "Da hätten
wir uns gerne ein bisschen mehr Risiko gewünscht."/ujo/DP/he

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