17.05.2024 08:19:36 - dpa-AFX: ROUNDUP/Krise in China: Aufschub für verschuldeten Bauträger Country Garden

HONGKONG (dpa-AFX) - Chinas hoch verschuldeter Immobilienkonzern Country
Garden hat eine mögliche Auflösung durch ein Hongkonger Gericht vorerst
abgewendet. Wie die Hongkonger Zeitung "South China Morning Post" am Freitag
berichtete, vertagte das Gericht den Fall nach der ersten Anhörung auf den 11.
Juni. Country Garden bestätigte den neuen Termin später per Mitteilung an der
Hongkonger Börse. Damit hat das Unternehmen mehr Zeit, seine Finanzen zu ordnen.

Country Garden, einer der größten chinesischen Immobilienkonzerne, muss sich vor dem Gericht verantworten, weil ein Gläubiger die Auflösung des Unternehmens
beantragt hatte. Laut "South China Morning Post" hatte der Konzern bis zum
vergangenen Sommer Schulden in Höhe von insgesamt 1,36 Billionen Yuan (189
Milliarden US-Dollar) angehäuft. Der Konzern konnte außerdem seinen
Finanzbericht für 2023 nicht fristgerecht vorlegen, weshalb die Hongkonger Börse
den Handel mit Aktien des Unternehmens Anfang April stoppte.

Country Garden nicht allein

Country Garden ist nicht der einzige Immobilienentwickler, der durch die
seit Jahren anhaltende Immobilienkrise in der zweitgrößten Volkswirtschaft der
Welt in Bedrängnis geraten ist. Ende Januar hatte ein Gericht in Hongkong die
Zerschlagung des Immobilienriesen China Evergrande angeordnet. Auch in diesem
Fall hatten ausländische Gläubiger ihr Geld zurückgefordert. Vor Gericht konnten
sich der mit umgerechnet mehr als 300 Milliarden US-Dollar verschuldete Konzern
und die Gegenseite nicht einigen.

Der Boom in Chinas Immobilienbranche begann in den Nullerjahren. Die
Konzerne kamen leicht an Kredite und steckten ihre Einnahmen direkt in neue
Projekte. Etwa ein Fünftel trug der Sektor zur chinesischen Wirtschaftsleistung
bislang bei. Doch die Regierung unter Staats- und Parteichef Xi Jinping wollte
der Immobilienspekulation auf dem heiß gelaufenen Markt entgegenwirken und
sorgte dafür, dass die Konzerne nicht mehr so einfach an frisches Geld
gelangten. Die Nachfrage sank, die Wohnungen wurden weniger wert und die
Konzerne gerieten in die Schuldenfalle, was dazu führte, dass sie zum Frust
ihrer Kunden bereits verkaufte Wohnungen teils nicht mehr fertig bauen konnten.

Chinas Regierung will gegensteuern

Peking hat das Problem zwar erkannt, doch die Krise bremst die Konjunktur
immer noch. In einigen größeren Städten wurden die Beschränkungen für
Wohnungskäufe gelockert, um die Nachfrage wieder anzukurbeln. Zu demselben Zweck
gibt es Förderungen für Menschen, eine alte Wohnung zu verkaufen und dafür eine
neue zu erwerben. Außerdem liegen den Banken offizielle Listen mit
Immobilienentwicklern vor, in deren Projekte investiert werden darf. Berichten
der Finanznachrichtenagentur Bloomberg unter Berufung auf mit der Sache
vertraute Personen zufolge überlegt Peking, die Lokalregierungen zum Ankauf
nicht verkaufter Wohnungen anzuweisen. Ein Problem könnte dabei allerdings sein,
dass die lokalen Regierungen selbst hoch verschuldet sind.

Ob die Gläubiger durch ihre Klagen gegen Country Garden und andere
Immobilienentwickler am Ende erfolgreich sein werden, bleibt abzuwarten.
Hongkong als ehemalige britische Kronkolonie hat ein anderes Rechtssystem als
Festlandchina, wo die Konzerne ihr Kapital und ihre Hauptsitze haben. Urteile
aus Hongkong müssen in China erst anerkannt werden, bevor sie dort Wirkung
zeigen können. Dass die Gläubiger in Hongkong vor Gericht ziehen, hängt meist
mit der Listung der Firmen an der dortigen Börse zusammen./jon/DP/jha

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