27.06.2024 14:01:07 - dpa-AFX: POLITIK/ROUNDUP: Militärputsch in Bolivien vereitelt

LA PAZ (dpa-AFX) - Bolivien ist von dem Versuch eines Militärputsches
erschüttert worden. Der amtierenden Regierung des südamerikanischen Landes
gelang es am Mittwoch allerdings, den Coup zu vereiteln. Die mutmaßlichen
Hauptverantwortlichen für den Staatsstreich sollen noch am Donnerstag vor
Gericht gestellt werden.

Das Andenland stand am Mittwoch für einige Stunden am Mittwoch am Rande
einer Staatskrise: Soldaten stürmten einen zentralen Platz von La Paz,
gepanzerte Fahrzeuge rammten die Tore des Regierungspalastes. Staatschef Luis
Arce und der abtrünnige General Juan José Zúñiga standen sich auf den Fluren des
Regierungspalastes Quemado Auge in Auge gegenüber. Doch dann gelang es Arce, die
Führungsriege seines Militärs auszutauschen, die Putschisten festzusetzen und
die Truppen zum Abzug zu bewegen.

Schließlich zeigte sich der Präsident auf dem Balkon des Regierungspalastes. "Ich danke dem bolivianischen Volk", rief Arce den Menschen zu. Die
Generalstaatsanwaltschaft leitete Ermittlungen gegen die Ex-Chefs von Heer und
Marine, General Juan José Zúñiga und Vizeadmiral Juan Arnez Salvador, ein. Als
Hauptverantwortliche des Putschversuchs werden ihnen Medienberichten zufolge
Terrorismus und der bewaffnete Aufstand gegen die Sicherheit und Souveränität
des Landes vorgeworfen.

Unter Zúñigas Kommando hatten Soldaten den zentralen Murillo-Platz von La
Paz besetzt. Ganz ohne Blutvergießen verliefen die dramatischen Momente nicht:
Nach Angaben der Regierung wurden neun Menschen verletzt. "Die Kommandeure der
Streitkräfte (...) verbreiteten nicht nur Angst und Schrecken, sondern
gebrauchten auch Schusswaffen gegen das Leben, die Menschlichkeit und die
Integrität des bolivianischen Volkes", schrieb Boliviens Innenminister Eduardo
del Castillo auf X. Zunächst war unklar, ob unter den Verletzten Zivilisten
waren.

Ex-Präsident Morales und Staatschef Arce kämpfen um die Macht

Zu den Hintergründen des Putschversuchs war noch vieles unklar.
Möglicherweise richtete er sich gegen eine erneute Präsidentschaftskandidatur
des früheren Staatschefs Evo Morales (2006-2019). Berichten zufolge hatte Zúñiga
gesagt, Morales dürfe nicht als Präsident zurückkehren, und gedroht, sich ihm in
diesem Fall in den Weg zu stellen.

Der linke Staatschef - der erste indigene Präsident Boliviens - war 2019
unter dem Druck des Militärs zurückgetreten, nachdem ihm von der Opposition und
internationalen Wahlbeobachtern Betrug bei der Präsidentenwahl vorgeworfen
worden war. Obwohl ihm das in mehreren Gerichtsentscheidungen eigentlich
untersagt wurde, will Morales 2025 erneut bei der Präsidentenwahl kandidieren.

Auch Morales verurteilte den Putschversuch umgehend. "Wir sind überzeugt,
dass die Demokratie der einzige Weg ist, um Differenzen zu lösen, und dass die
Institutionen und die Rechtsstaatlichkeit respektiert werden müssen", schrieb er
auf X. "Wir bekräftigen unsere Forderung, dass alle an diesem Verbrechen
Beteiligten verhaftet und vor Gericht gestellt werden müssen."

Internationale Unterstützung stärkt Arce den Rücken

Internationale Organisationen sowie die Staatschefs mehrerer
lateinamerikanischer Präsidenten hatten sich angesichts der dramatischen Lage in
La Paz besorgt geäußert und ihre Solidarität mit der demokratisch gewählten
Regierung Boliviens erklärt.

"Ich verurteile entschieden die Versuche, die demokratisch gewählte
Regierung Boliviens zu stürzen", schrieb EU-Kommissionspräsidentin Ursula von
der Leyen am späten Mittwochabend auf der Plattform X. Die Europäische Union
stehe an der Seite der Demokratien. Auch UN-Generalsekretär António Guterres
rief alle Akteure der bolivianischen Gesellschaft, einschließlich der
Streitkräfte, dazu auf, die konstitutionelle Ordnung des Landes zu schützen und
ein "Klima des Friedens" aufrechtzuerhalten. Der Generalsekretär der
Organisation Amerikanischer Staaten (OAS), Luis Almagro, schrieb auf X: "Für die
Demokratie: alles. Für Gewalt: nichts."/juw/DP/tih

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