25.06.2024 16:28:44 - dpa-AFX: ROUNDUP/Schwesig bei Selenskyj: Unterstützung für EU-Beitritt

KIEW/TSCHERNIHIW (dpa-AFX) - Bundesratspräsidentin Manuela Schwesig hat sich
bei einem Treffen mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj in Kiew
für weitere militärische und wirtschaftliche Unterstützung des Landes und die
Aufnahme in die Europäische Union stark gemacht. Die Ministerpräsidentin
Mecklenburg-Vorpommerns traf Selenskyj am Dienstag in Kiew unmittelbar vor dem
offiziellen Beginn der EU-Beitrittsverhandlungen mit der Ukraine und Moldau in
Luxemburg. "Das ist ein wichtiger Tag für die Ukraine, aber auch für die
Europäische Union. Wir Bundesländer unterstützen diesen Beitritt", sagte
Schwesig anschließend.

Patriot-System soll in Kürze geliefert werden

Selenskyj bedankte sich nach ihren Angaben in dem Gespräch ausdrücklich für
die Hilfe Deutschlands, das auch militärisch der zweitwichtigste Unterstützer
der Ukraine nach den USA ist. Schwesig betonte, dass nun vor allem die Abwehr
von Luftangriffen weiter gestärkt werden müsse. Ein derzeit in
Mecklenburg-Vorpommern zu Ausbildungszwecken stationiertes Patriot-System soll
in Kürze geliefert werden. "Es ist jetzt wichtig, dass es in die Ukraine kommt,
um die Bevölkerung weiter vor russischen Angriffen zu schützen."

Für den Herbst kündigte die Ministerpräsidentin eine deutsch-ukrainische
Wirtschaftskonferenz in Mecklenburg-Vorpommern an. Dabei soll es vor allem um
die Zusammenarbeit mit der an Russland und Belarus grenzenden Partnerregion
Tschernihiw nördlich von Kiew gehen.

Russen sperrten 350 Menschen in 200 Quadratmeter großen Keller ein

Schwesig machte sich nach ihrem Aufenthalt in der Hauptstadt ein Bild davon, was der russische Angriffskrieg in den vergangenen gut zwei Jahren angerichtet
hat. Sie besuchte das Dorf Jahidne, wo die russischen Invasoren 2022 über 350
Dorfbewohner im Keller der örtlichen Schule auf knapp 200 Quadratmetern für fast
einen Monat einsperrten. Aufgrund der schlechten hygienischen Bedingungen,
Wasser- und Nahrungsmangels starben zehn von ihnen.

Die Hauptstadt der Region, die ebenfalls Tschernihiw heißt, war eines der
ersten Ziele des russischen Einmarsches im Februar 2022. Auch seit dem
russischen Rückzug Ende März 2022 wird sie immer wieder mit Drohnen und Raketen
angegriffen. Dort führte Schwesig politische Gespräche über weitere
Hilfsleistungen.

Aufbau von Schutzräumen und Ausbildung von Psychotherapeuten

Mecklenburg-Vorpommern hatte im Januar als erstes ostdeutsches Flächenland
eine Partnerschaft mit einer ukrainischen Region vereinbart und zunächst 250 000
Euro für Schutzräume in vier Schulen in Tschernihiw zur Verfügung gestellt.
Weitere 100 000 Euro pro Jahr sollen in weitere Projekte fließen - unter anderem
in die Ausbildung von Psychotherapeuten an zwei Krankenhäusern der Region. Eins
davon, eine Kinderklinik, sah sich Schwesig während ihres Besuchs an. Sie
betonte, dass die Partnerschaft mit der Region nicht auf die Zeit des Krieges
beschränkt, sondern langfristig angelegt sei.

Schwesig ist seit dem 1. November 2023 für ein Jahr Präsidentin des
Bundesrats und hat damit das vierthöchste Staatsamt nach dem Bundespräsidenten,
der Bundestagspräsidentin und dem Bundeskanzler inne. Sie ist die erste Chefin
der Länderkammer, die die Ukraine besucht. Bereits am Montag war sie mit
Premierminister Denys Schmyhal, Parlamentspräsident Rusland Stefantschuk und
Kiews Bürgermeister Vitali Klitschko zusammengekommen.

Frühere Verbindungen zu Russland kein Thema bei Gesprächen

Wegen ihrer engen Zusammenarbeit mit Russland auch nach der Annexion der
ukrainischen Krim 2014 und wegen ihres Engagements für die Gaspipeline Nord
Stream 2 hatte Schwesig lange Zeit einen schweren Stand in der Ukraine. Kurz
nach der russischen Invasion 2022 hatte sie eine Kehrtwende vollzogen und ihr
damaliges Agieren als Fehler bezeichnet. Bei ihren Gesprächen in der Ukraine war
das alles nach Angaben aus ihrer Delegation kein Thema mehr./mfi/DP/jha

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