21.05.2024 10:18:05 - dpa-AFX: Estlands Regierungschefin: Nato-Staaten sollten in Ukraine ausbilden

TALLINN (dpa-AFX) - Die estnische Ministerpräsidentin Kaja Kallas hat die
Nato-Partner dazu aufgerufen, ukrainische Soldaten direkt in der Ukraine
auszubilden. Die Sorge, dies könne zu einer Eskalation des russischen
Angriffskriegs führen, wies die liberale Politikerin in einem Interview der
britischen "Financial Times" zurück. Zum einen gebe es bereits Länder, die auf
eigenes Risiko Soldaten vor Ort trainierten. Zum anderen werde der
Nato-Beistandsartikel nicht automatisch ausgelöst, falls russische Truppen
westliche Ausbilder angreifen sollten.

Der Artikel 5 des Nato-Pakts regelt: Wenn ein Mitgliedstaat angegriffen
wird, wird dies als Angriff auf alle übrigen gewertet. Die Allianz verteidigt
sich dann geschlossen im Verbund.

Kallas sagte der Zeitung dazu: "Ich kann es mir nicht vorstellen, dass, wenn dort jemand verletzt wird, diejenigen, die ihre Leute geschickt haben, sagen: Es
gilt Artikel 5. Lasst uns (...) Russland bombardieren." So funktioniere das
Vorgehen innerhalb der Nato nicht; es gebe keinen Automatismus. Sorgen vor einer
solchen Eskalation seien daher unbegründet. "Wenn man seine Leute schickt, um
den Ukrainern zu helfen, (...) dann weiß man, dass das Land im Krieg ist und man
in eine Risikozone hineingeht. Also geht man dieses Risiko ein", sagte Kallas.

Zu den Gedankenspielen des französischen Präsidenten Emmanuel Macron über
eine mögliche Entsendung von Bodentruppen sagte Kallas, über einen solchen
Schritt müsse in Estland das Parlament entscheiden: "Es ist eine offene,
öffentliche Debatte. Aber ich denke, dass wir zu diesem Zeitpunkt nichts
ausschließen sollten." Kallas kritisierte, dass es unter den Nato-Verbündeten
keine Einigkeit über das langfristige Ziel gebe. Das bereite ihr Sorgen. Manche
Staaten wie Estland würden sich klar für einen Sieg der Ukraine aussprechen.
Andere würden nur sagen, dass die Ukraine nicht verlieren dürfe. Beides sei
nicht das Gleiche./hei/DP/tih

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