25.06.2024 14:35:02 - dpa-AFX: POLITIK/ROUNDUP/Baerbock: Weitere 19 Millionen Euro für humanitäre Hilfe in Gaza

JERUSALEM (dpa-AFX) - Deutschland stellt weitere 19 Millionen Euro für
humanitäre Hilfe im Gazastreifen zur Verfügung. Unter Lebensgefahr bringe das
UN-Palästinenserhilfswerk UNWRA und das Welternährungsprogramm "Mehl und Reis zu
hungernden Familien, denn für die Kinder in Gaza ist jede noch so kleine
Mahlzeit überlebenswichtig", sagte Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) am
Dienstag in Israel. Jede Kiste medizinisches Material der
Weltgesundheitsorganisationen (WHO) werde helfen, in zerstörten Krankenhäusern
im Gazastreifen "wieder ein Minimum an medizinischer Versorgung zu ermöglichen",
ergänzte sie.

Deutschland nimmt UNRWA-Förderung wieder auf

Wie Anfang April angekündigt, nimmt das Auswärtige Amt auch die Förderung
des UN-Palästinenserhilfswerks UNRWA wieder auf. In einem ersten Schritt werden
fünf Millionen Euro für Nahrungsmittelnothilfe im Gazastreifen bereitgestellt.
Zusätzlich erhält UNRWA eine erste Tranche in Höhe von fünf Millionen Euro des
freiwilligen, ungebundenen Beitrags, der vom Bundestag beschlossen worden war.
Daraus werden UNRWA-Aktivitäten in Jordanien, im Libanon, in Syrien und im
Westjordanland finanziert. Hier geht es unter anderem um die Bereiche Bildung
und Gesundheit.

UNRWA war im Januar in die Schlagzeilen geraten, weil Israel behauptete,
zwölf Mitarbeiter des Hilfswerks seien in das Massaker vom 7. Oktober verwickelt
gewesen und die Organisation als Ganzes sei von der Hamas unterwandert. Ein
Prüfbericht unabhängiger Experten kam später zum Schluss, das UNRWA habe
"robuste" Mechanismen etabliert, um seinen Neutralitätsgrundsatz zu wahren.
Allerdings gebe es Verbesserungsbedarf.

Baerbock: Die Hamas muss Biden-Plan für Waffenruhe zustimmen

Baerbock forderte die islamistische Terrororganisation Hamas dazu auf, einen von US-Präsident Joe Biden vorgelegten Plan für eine Waffenruhe im Gaza-Krieg
anzunehmen. Der Plan basiere auf einem israelischen Vorschlag und sei "der
einzig realistische Weg aus der Sackgasse des Krieges zur Befreiung der Geiseln
und hin zu einem humanitären Waffenstillstand", sagte die Ministerin. "Die Hamas
hat es in der Hand, das Leid der Menschen in Gaza dadurch sofort zu lindern."

Scharfe Kritik am Vorgehen Israels

Nach einem Treffen mit ihrem israelischen Amtskollegen Israel Katz in
Jerusalem kritisierte Baerbock erneut scharf, zunehmende Siedlergewalt verbreite
im Westjordanland Angst und Schrecken. "Teile der israelischen
Regierungskoalition zündeln und gefährden mit ihrer aggressiven Siedlungspolitik
langfristig israelische Sicherheitsinteressen", sagte Baerbock.

Sie kritisierte zudem: "Die schockierenden Berichte von grausamen
Haftbedingungen für palästinensische Gefangene in israelischen Lagern und
Gefängnissen passen nicht zu Israels eigenem Anspruch als Demokratie und
Rechtsstaat." Auch die Bilder vom Einsatz der israelischen Armee in Dschenin
seien "verstörend und widersprechen dem humanitären Völkerrecht". Sie forderte
umfassende Aufklärung. Israelische Soldaten hatten am Samstag einen verletzten
Palästinenser auf die Motorhaube eines Fahrzeugs gebunden.

Deutsche Palästinenserhilfe steigt auf 312 Millionen seit vergangenem Jahr

Mit den zusätzlichen 19 Millionen Euro steigt die deutsche humanitäre Hilfe
für die palästinensischen Gebiete auf 312 Millionen Euro seit dem vergangenen
Jahr. Schwerpunkte der Unterstützung sind medizinische Mittel und
Nahrungsmittelhilfe. Weiteres Geld fließt in die Evakuierung von Verletzten, an
medizinische Teams, in psychosoziale Unterstützung und für Hygienemaßnahmen.

Treffen mit palästinensischem Ministerpräsidenten Mustafa

In Ramallah im Westjordanland hatte Baerbock mit dem palästinensischen
Ministerpräsidenten Mohammed Mustafa über die künftige Rolle der
Palästinensischen Autonomiebehörde (PA) beraten. Die Behörde könnte aus Sicht
der Ministerin in einer Nachkriegsordnung im Gazastreifen eine wichtige Rolle
spielen.

Israels rechtsextremer Finanzminister Bezalel Smotrich hatte kürzlich
angekündigt, er wolle der Palästinensischen Autonomiebehörde Mittel in Höhe von
32,5 Millionen Dollar (rund 30,3 Millionen Euro) vorenthalten und diese
stattdessen an israelische Terroropfer auszahlen. Baerbock kritisierte, dass die
Zoll- und Steuergelder, die der PA nach dem Oslo-Abkommen zustehen, von den
israelischen Behörden mittlerweile komplett blockiert würden.

In Beirut Sorgen vor Eskalation des Konflikts mit der Hisbollah im
Mittelpunkt

Vor dem Hintergrund wachsender Sorgen vor einer Eskalation des Konflikts
zwischen Israel und der proiranischen Hisbollah-Miliz im Libanon nannte Baerbock
die Situation brandgefährlich. "Alle, die Verantwortung tragen, müssen daher
äußerste Zurückhaltung walten lassen und vor allen Dingen muss die Hisbollah
aufhören, Israel zu beschießen", verlangte sie. Baerbock wollte am Nachmittag in
der libanesischen Hauptstadt Beirut mit dem geschäftsführenden
Ministerpräsidenten Nadschib Mikati und dem geschäftsführenden Außenminister
Abdullah Bou Habib über die aktuelle Lage beraten./bk/le/alz/DP/jha

© 2000-2024 DZ BANK AG. Bitte beachten Sie die Nutzungsbedingungen | Impressum
2024 Infront Financial Technology GmbH