12.05.2024 14:30:26 - dpa-AFX: Lindner stellt Ausgabenpolitik von Baerbock und Schulze infrage

BERLIN (dpa-AFX) - Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) hat das
Auswärtige Amt und das Entwicklungsministerium im Streit um den Bundeshaushalt
2025 dazu aufgerufen, ihre Ausgabenpolitik zu überprüfen. Beide müssten sich die
Frage stellen: "Verbessern wir mit unserem Steuergeld wirklich Lebenschancen
oder dienen die Projekte deutschen Interessen", sagte Lindner den Zeitungen der
Mediengruppe Bayern.

"In der internationalen Politik müssen harte Sicherheit und die
Unterstützung der Ukraine Priorität haben. Da geht es um Frieden und Freiheit
für Deutschland." Deshalb müsse man mit Blick auf Geld für andere Teile der Welt
über Zielgenauigkeit und Umfang sprechen. "Seit dem CSU-Entwicklungsminister
(Gerd) Müller gibt es Projekte wie die berühmten Radwege in Peru, die man
hinterfragen muss."

Baerbock und Schulze wehren sich gegen Sparvorgaben Lindners

Die Ampel-Koalition steht vor schwierigen Verhandlungen für den
Bundeshaushalt 2025. Lindner hat die Ministerien zum Sparen aufgerufen, mehrere
Ressorts wehren sich aber gegen die Kürzungen und fordern mehr Geld, darunter
auch Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) und Entwicklungsministerin Svenja
Schulze (SPD).

Lindner will als Grundlage für seinen Haushalt die im Kabinett bereits
beschlossene mittelfristige Finanzplanung nehmen. Baerbock müsste statt mit mehr
als 6 Milliarden demnach künftig mit um die 5 Milliarden Euro auskommen ? trotz
der Kriege in der Ukraine und in Gaza, wo viel humanitäre Hilfe nötig ist. In
die Verhandlungen geht Baerbock dem Vernehmen nach nun mit einer Forderung von
knapp 7,4 Milliarden ? davon eine knappe Milliarde zur Unterstützung der
Ukraine.

Auch Schulze wehrt sich gegen Kürzungen. Angemeldet hat sie 12,16 Milliarden Euro, was dem Haushaltsansatz von 2023 entspreche. Laut aktueller Finanzplanung
solle der Etat aber deutlich auf rund 10,28 Milliarden Euro sinken, hieß es in
einem Schreiben des Ministeriums, das der dpa vorliegt.

Kubicki: Milliarden für humanitäre Hilfe und Entwicklungshilfe sparen

Der stellvertretende FDP-Vorsitzende Wolfgang Kubicki forderte deutliche
Kürzungen bei der humanitären Hilfe und der Entwicklungshilfe. "Im
Entwicklungshilfe-Etat würde ich massiv sparen. Weil es zunächst darauf ankommt,
die deutsche Wettbewerbsfähigkeit wiederherzustellen, erst dann können wir
anderen Ländern helfen", sagte Kubicki der "Welt am Sonntag".

Deutschland gebe im Vergleich mit den anderen G7-Staaten pro Kopf der
Bevölkerung und gemessen am Bruttoinlandsprodukt am meisten für
Entwicklungshilfe aus. "Wenn wir uns auf den Durchschnitt der Zahlungen der
anderen G7-Staaten begeben würden, dann können wir rund 20 Milliarden Euro an
humanitärer Hilfe und Entwicklungshilfe quer über die Ressorts einsparen ? ohne
schlechtes Gewissen", sagte der Bundestags-Vizepräsident.

Rentenpaket verschoben: "Business as usual war mir nicht möglich"

Am Dienstag hatte die Ampel auf Druck von Lindner kurzfristig die
Kabinettsbefassung des schon ausgehandelten zweiten Rentenpakets verschoben.
Nach Medienberichten hat Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) besonders hohe
Forderungen in den Verhandlungen zum Haushalt 2025 gestellt.

"Ein business as usual war mir nicht möglich. Die Anmeldungen für den
Bundeshaushalt 2025 haben nicht den Eindruck erweckt, dass alle die ökonomischen
Realitäten erkannt haben", sagte Lindner der Mediengruppe Bayern. "Deshalb
musste ich mich beim Bundeskanzler und dem Wirtschaftsminister erst
vergewissern, ob wir noch auf einer Linie sind."

Der FDP-Chef versicherte auf eine entsprechende Frage, er habe "nie" mit dem Bruch der Koalition gedroht. "Aber jedem ist doch klar, dass eine Einigung auf
einen Haushalt und eine Wirtschaftswende notwendig sind, damit am Ende auch
Vorhaben wie das Rentenpaket eine Mehrheit im Bundestag finden."

Zur Höhe der Gesamtforderungen wollte sich Lindner nicht äußern. "Ich kann
keine amtliche Zahl nennen, weil ich verschiedene Forderungen nicht als
ernsthafte Verhandlungsposition akzeptiere. Ich kann nur sagen, dass die
Spekulationen, die bisher in den Medien kursieren, die Summe unterschätzen."
Zuletzt klaffte in den Planungen für den Etat 2025 eine Lücke im zweistelligen
Milliardenbereich, es kursierten Zahlen zwischen 15 und 30 Milliarden Euro.

"Wieder am Grundkonsens der Koalition gerüttelt"

Lindner wies nochmals die Forderung von Verteidigungsminister Boris
Pistorius (SPD) zurück, die Ausgaben für Verteidigung und auch für Teile der
Krisenvorsorge von der Schuldenbremse auszunehmen. Indem Pistorius diese Debatte
fortsetze, werde "wieder am Grundkonsens der Koalition gerüttelt", so Lindner.
Auch in der Sache müsse er widersprechen. "Wir können die Landes- und
Bündnisverteidigung nicht auf Pump finanzieren. Der Schuldenstand und die
Zinslast würden steigen."/wn/DP/he

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