16.05.2024 20:02:29 - dpa-AFX: ROUNDUP 2: Tesla darf Gelände nach Gemeinde-Votum vergrößern - Streit geht

(aktualisierte Fassung)

GRÜNHEIDE (dpa-AFX) - Begleitet von Protesten hat die Gemeinde Grünheide bei Berlin den Weg für die umstrittene Erweiterung des Fabrikgeländes von
US-Elektroautobauer Tesla freigemacht. Ein Ende des Konflikts um
die einzige europäische Fabrik von Firmenchef Elon Musk ist jedoch nicht in
Sicht. Auf den Gemeindevertretern lastete großer Druck. Unter Polizeischutz
stimmten sie am Donnerstag mit Mehrheit für einen geänderten Bebauungsplan.
Damit kann Tesla sein Gelände um einen Güterbahnhof und Logistikflächen
erweitern. Das Klima während der Gemeinderats-Sitzung war aufgeheizt. Die
Polizei sicherte die volle Versammlungshalle - rund 200 Zuhörer hatten darin
Platz. Umweltaktivisten kündigten bereits neue Proteste und auch Klagen an.

Nach Kritik aus der Bevölkerung soll für die Ausdehnung des Tesla-Geländes
weniger Wald abgeholzt werden als ursprünglich vorgesehen. Das Unternehmen
verringerte die Erweiterungsfläche und wollte zeigen, dass es auf Bedenken der
Bevölkerung eingeht. Der Bebauungsplan wurde damit gewissermaßen abgespeckt und
als Kompromiss bezeichnet.

Denn zuvor hatten fast zwei Drittel der Bürger von Grünheide die
ursprünglichen Erweiterungspläne des Autoherstellers bei einer Befragung im
Februar abgelehnt. Das Votum der Bürger war zwar nicht bindend, aber ein
wichtiges Signal, um das Vorhaben noch einmal zu überarbeiten. Einst sollten
mehr als 100 Hektar Wald gerodet werden, nun sollen um die 70 Hektar davon
stehen bleiben. Am Donnerstag stimmten beim Votum über den Bebauungsplan elf
Gemeindevertreter mit Ja, sechs mit Nein, zudem gab es zwei Enthaltungen.

Unruhe und aufgeheizte Stimmung während der Gemeinderats-Sitzung

Während der Gemeinderats-Sitzung ließen sich tiefe Gräben in der
Anwohnerschaft erkennen. Es kam zu aggressiven Zwischenrufen und Wortgefechten.
Der Sicherheitsdienst musste eingreifen, Ordnungsrufe wurden erteilt. "Bei einer
Zustimmung werden sie als Gemeindevertreter kein gutes Leben mehr hier führen",
sagte einer der Zuhörer. Mehrere Bewohner forderten eine erneute Bürgerbefragung
zur geänderten Version des Bebauungsplans.

Tesla: Verkehrsprojekte können in Umsetzung gehen

Tesla sieht in dem Gemeinderats-Beschluss die erforderliche Grundlage, um
die Verkehrsprojekte im Detail zu planen und umzusetzen. In einer Stellungnahme
des Unternehmens am Abend hieß es: "Der nun beschlossene Bebauungsplan geht in
zentralen Punkten auf die Bedenken aus der Gemeinde ein." Mehr als 70 Hektar
Wald blieben erhalten. "Dafür musste Tesla auf Projekte verzichten, die
ursprünglich im Rahmen der Erweiterung geplant waren." Gemeint sind ehemals
geplante soziale Einrichtungen wie etwa eine Kita sowie weitere Lagerflächen,
die jetzt wegfallen.

Brandenburgs Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (SPD) sagte, die
Gemeindevertreter hätten sich das Votum sicher nicht einfach gemacht. "Ich bin
überzeugt, dass ihre Entscheidung im Sinne ihrer Kommune ist." Umweltbündnisse
reagierten dagegen mit Unverständnis auf die Entscheidung des Gemeinderates.
"Haben die keinen Arsch in der Hose?", schimpfte die Vorsitzende der
Bürgerinitiative Grünheide gegen Tesla, Manu Hoyer. Grünheides Bürgermeister
Arne Christiani (parteilos) sagte wiederum, er könne die Befürchtungen der
Umweltaktivisten nicht nachvollziehen.

Die Tesla-Befürworter erwarten mit einem neuen Güterbahnhof eine
Verkehrsentlastung für Grünheide. Ein Sprecher von Tesla sagte am Donnerstag
dazu auch: "Wir könnten eine Million Fahrzeuge über die Straße abwickeln, wir
wollen es aber nicht." Die Vorsitzende der ehrenamtlich arbeitenden
Gemeindevertretung, Pamela Eichmann (SPD), sagte am Donnerstag im
Deutschlandfunk: "Der geplante Güterbahnhof entlastet die Bürger dann von 1900
Lkw-Fahrten am Tag."

Umweltaktivisten sehen dagegen Umweltrisiken, wenden sich gegen die
Abholzung von Wald und forderten die Gemeindevertreter immer wieder auf, gegen
eine Erweiterung zu stimmen. Auf einem Transparent war am Donnerstag zu lesen:
"Grüner Kapitalismus ist eine dreckige Lüge. Tesla stoppen".

Tesla: Maximal zwei Millionen Autos im Jahr mit Bebauungsplan möglich

Der Autobauer stellt in der 9200-Einwohner großen Gemeinde südöstlich von
Berlin seit rund zwei Jahren Elektroautos her. Etwa 12 000 Beschäftigte arbeiten
in dem Werk. Der weltweit geplante Stellenabbau bei Tesla angesichts der Flaute
am Markt für Elektroautos betrifft aber auch Hunderte Arbeitsplätze in der
Fabrik in Grünheide.

Dennoch will Tesla die Produktion künftig hochfahren. Am Standort in
Grünheide sollen perspektivisch zwei Millionen Autos pro Jahr gefertigt werden,
wie ein Sprecher des Unternehmens am Donnerstag sagte. Das sei die maximale
Zahl, die am Standort und mit dem neuen Bebauungsplan möglich sei. Die Zielzahl
bei den Mitarbeitern wäre dann 40 000.

Umweltverbände, Naturschützer und Anwohner sehen die Tesla-Ansiedlung seit
langem kritisch, unter anderem weil das Gelände in einem Wasserschutzgebiet
liegt. Jetzt wurden auch Klagen angesichts des Beschlusses zur Erweiterung
angekündigt. Der Autobauer hat Bedenken stets zurückgewiesen und zum Beispiel
darauf verwiesen, dass der Wasserverbrauch in der Fabrik geringer ist als im
Branchendurchschnitt.

Protestcamp gegen Tesla darf nach Gerichtsentscheidung vorerst bleiben

Hunderte Umweltaktivistinnen und Aktivisten hatten in der vergangenen Woche
in Grünheide vor Umweltgefahren gewarnt und gegen eine Erweiterung protestiert.
Das Bündnis "Tesla den Hahn abdrehen" und die Initiative "Tesla stoppen"
kündigten, sie wollten ihre Aktionen fortsetzen. Ein Ende Februar aufgebautes
Protestcamp mit Baumhäusern am Rande der Fabrik müssen die Umweltaktivisten nach
einer Gerichtsentscheidung vorerst nicht räumen./vr/DP/he
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