14.05.2024 14:28:39 - dpa-AFX: Verkleinertes Konzept soll Windpark Altötting retten

MARKTL/MÜNCHEN (dpa-AFX) - Ein deutlich verkleinertes Konzept mit weniger
Rotoren und größeren Abständen zu den Wohnhäusern soll in weniger als vier
Wochen ein Scheitern des Windparks Altötting beim Bürgerentscheid im
oberbayerischen Marktl verhindern. "Ich bin überzeugt, dass es jetzt einen guten
und tragfähigen Kompromiss gibt", teilte Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger am
Dienstag in München mit. Zuvor hatte der Freie-Wähler-Chef nach Angaben seines
Ministeriums knapp drei Stunden auf einer Bürgerversammlung in Marktl für den
Kompromiss geworben. Konkret sieht der Kompromiss nur noch den Bau von 27
Anlagen vor - 13 weniger als anfangs kalkuliert.

Am 9. Juni können die Bürger in der Marktgemeinde parallel zur Europawahl
darüber abstimmen, ob die vier auf ihrem Gemeindegebiet geplanten Rotoren für
den Windpark Altötting gebaut werden dürfen. Sollte die Abstimmung scheitern,
stünde das Großprojekt vor einer noch ungewisseren Zukunft als bisher. Bereits
vor Monaten hatte sich im oberbayerischen Mehring (Landkreis Altötting) die
Mehrheit der dortigen Bürger gegen den Windpark auf ihrem Gebiet ausgesprochen.
Seither sucht die Staatsregierung nach einem neuen Konzept.

Den ursprünglichen Plänen zufolge sollte rund um Altötting ein Windpark mit
41 beziehungsweise 40 Anlagen entstehen - sie sollten 550 Millionen
Kilowattstunden Strom pro Jahr erzeugen. Es galt bisher als das
Vorzeige-Windprojekt im Freistaat. Die Windräder sollten rechnerisch 150 000
Haushalte versorgen, vor allem aber dazu beitragen, den Strombedarf der in der
Gegend ansässigen Chemieindustrie zu decken. Den Plänen zufolge hätte der
Windpark das Potenzial, rund zehn Prozent des Bedarfs abzudecken.

Mit den nun angstrebten 27 Windrädern wird nur noch ein Stromertrag von "gut 370 Millionen Kilowattstunden" kalkuliert, wie das Ministerium auf Anfrage der
dpa mitteilte. Diese Reduktion dürfte die Verfechter der Energiewende wenig
freuen und die Kritiker der Energiepolitik Bayerns in ihrer Meinung bestärken.
Im Juni sollen erste Ergebnisse der Windmessungen veröffentlicht werden.

Ende Februar hatte Ministerpräsident Markus Söder (CSU) die große Bedeutung
des Windparks Altötting für das Chemiedreieck betont: "Ob er jetzt mit 41 oder
39 Windrädern kommt, darüber kann man diskutieren, aber er muss kommen. Es ist
nur wichtig, dass am Ende der Windpark kommt und er muss die substanzielle
Entwicklung haben."

Nach der Ablehnung in Mehring war das Konzept aber drastisch geschrumpft und auf 29 Windkraftanlagen verkleinert worden, vor zwei Wochen hatte Aiwanger dann
nach Angaben seines Hauses zu Gunsten des Ortsteils Schützing den Vorschlag
gemacht, auf zwei weitere Rotoren auf Neuöttinger Gemeindegebiet zu verzichten.
So werde eine Sichtbehinderung verhindert. "Gemeinsam mit der Gemeinde, den
Planern und den Bayerischen Staatsforsten haben wir die Planungen umfassend
angepasst und die Zahl der Windräder reduziert. Das ist ein wichtiger
Fortschritt im Sinne der Bürger in der Region", sagte Aiwanger.

Durch die Reduktion der Rotoren soll ein Abstand von 1200 Metern zur
geschlossenen Wohnbebauung ermöglicht werden. Ferner soll es untersagt werden,
dass Wohngebäude in einem Radius von mehr als 180 Grad von Windrädern umfasst
werden.

Nachdem die Staatsregierung in den vergangenen Monaten immer betont hatte,
dem Ausbau der Windkraft käme eine Schlüsselrolle in der Energiewende zu,
betonte Aiwanger nun: "Bayern braucht einen maßvollen Ausbau der Erneuerbaren
Energien."

Ob der Kompromiss den Bürgerentscheid übersteht, ist völlig offen. Bei der
besagten Bürgerversammlung in Marktl zeigte sich, dass die Kritiker jegliche
Windkraftpläne ablehnen, wie auch ein Bericht des Bayerischen Rundfunks zeigt.
Die örtliche Bürgerinitiative gegen den Windpark lehnt demnach auch verkleinerte
Konzept ab: Windkraft gehöre nicht nach Altbayern, die Energiewende koste
Millionen, liefere aber nur wenig Strom, so lauteten die Gegenargumente. Wie
verhärtet die Fronten sind, zeigte sich auch, als der Sprecher der
Bürgerinitiative Gegenwind Altötting, Rainer Harböck, während der Rede Aiwangers
die Veranstaltung verließ, da es sich um eine "reine Werbeveranstaltung"
handele./had/DP/jha
Name WKN Börse Kurs Datum/Zeit Diff. Diff. % Geld Brief Erster Schluss
WACKER CHEMIE O.N. WCH888 Xetra 101,950 29.05.24 09:08:06 -1,150 -1,12% 101,600 101,950 102,450 103,100

© 2000-2024 DZ BANK AG. Bitte beachten Sie die Nutzungsbedingungen | Impressum
2024 Infront Financial Technology GmbH