15.05.2024 20:23:27 - dpa-AFX: ROUNDUP 2: EU-Spitzenvertreter fordern Zurückziehung von Gesetz in Georgien

(neu: Scholz-Äußerung)

BRÜSSEL (dpa-AFX) - Nach der Verabschiedung des umstrittenen Gesetzes zur
Einschränkung des ausländischen Einflusses auf die Zivilgesellschaft in Georgien
haben EU-Spitzenvertreter Tiflis dazu aufgerufen, das Gesetz zurückzuziehen.
"Die Verabschiedung dieses Gesetzes wirkt sich negativ auf die Fortschritte
Georgiens auf dem Weg in die EU aus", erklärten der Außenbeauftragte Josep
Borrell und der zuständige Kommissar Oliver Varhelyi am Mittwoch. Die
Entscheidung über den weiteren Weg liege in Georgiens Händen. "Wir fordern die
georgischen Behörden nachdrücklich auf, das Gesetz zurückzuziehen, ihr
Bekenntnis zum EU-Beitritt aufrechtzuerhalten und die in den neun Schritten
beschriebenen notwendigen Reformen voranzutreiben."

Ähnlich äußerte sich Bundeskanzler Olaf Scholz am Mittwochabend. In einer
Pressekonferenz mit der Schweizer Bundespräsidentin Viola Amherd verwies er auf
sein Treffen mit Georgiens Ministerpräsident Irakli Kobachidse Mitte April in
Berlin. Er habe damals klar und deutlich gesagt, dass er dieses Gesetz für einen
Fehler halte, und dass es nicht beschlossen werden sollte, sagte der
SPD-Politiker. "Daran hat sich, nachdem es nun beschlossen worden ist, nichts
geändert."

Georgien hat seit Ende vergangenen Jahres den Status eines
Beitrittskandidaten in der EU. Der Mitteilung zufolge hatten die EU-Staaten
Georgien diesen Status unter der Voraussetzung zuerkannt, dass das Land neun
Schritte aus einer Empfehlung der Kommission umsetzt. Dazu gehören unter
anderem, dass die Menschenrechte geschützt werden und die Zivilgesellschaft
sowie die Medien frei agieren können.

Ungeachtet wochenlanger Massenproteste hatte die Regierungsmehrheit der
Partei Georgischer Traum am Dienstag das umstrittene Gesetz gebilligt, das den
ausländischen Einfluss auf Nichtregierungsorganisationen begrenzen soll.
Verschärft wird die Rechenschaftspflicht für Hilfsorganisationen und unabhängige
Medien, die mehr als 20 Prozent ihrer Gelder aus dem Ausland erhalten. Zur
Begründung heißt es, mehr Transparenz sei nötig.

Hunderttausende Gegner der "russisches Gesetz" getauften Regelung fürchten
aber, dass damit wie in Russland kritische Organisationen mundtot gemacht werden
sollen. Mit dem autoritären Kurs der Partei Georgischer Traum sehen sie den
angestrebten EU-Beitritt der Ex-Sowjetrepublik in Gefahr. Nach der
Verabschiedung des Gesetzes im Parlament hielten die Massenproteste aus der
Bevölkerung an. Auch am Dienstagabend waren Medienberichten zufolge wieder
Tausende Menschen in der Hauptstadt Tiflis auf die Straßen gegangen.

Belgien bedauere die Verabschiedung des Gesetzes sehr, das das Land von den
europäischen Werten entfernt, schrieb die belgische Außenministerin Hadja Lahbib
am Mittwoch auf der Plattform X. "Wir fordern die georgischen Behörden dringend
auf, diese Maßnahme zu überdenken und ihr Engagement für die EU
aufrechtzuerhalten." Belgien unterstütze das georgische Volk und seine
Entscheidung für die Demokratie, den Schutz der Menschenrechte und die
Rechtsstaatlichkeit. "Die Georgier streben nach einer europäischen Zukunft. Ihre
Stimme muss gehört werden."/svv/DP/he

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