27.06.2024 06:45:03 - dpa-AFX: POLITIK/ROUNDUP: Verzögerungen bei Aufbau der Notbetreuungsreserve des Bundes

BERLIN (dpa-AFX) - Der geplante Aufbau einer Reserve des Bundes zur
Notunterbringung einer großen Anzahl von Menschen verzögert sich. Einige
Elemente des für insgesamt 5000 Menschen ausgelegten ersten Moduls der
sogenannten Mobilen Betreuungsreserve des Bundes sind zwar bereits in
verschiedenen Krisensituationen eingesetzt worden. Vollständig ist das vom
Deutschen Roten Kreuz (DRK) betriebene Modul aber bislang nicht. Auch beim
zweiten Modul, das in gleichem Umfang beim Arbeiter Samariter Bund (ASB)
aufgebaut wird und ursprünglich bis Ende dieses Jahres komplett vorhanden sein
sollte, wird es nach Angaben der Hilfsorganisation voraussichtlich noch bis Ende
2026 dauern, bis alles komplett ist.

"Das Pilotprojekt "Labor Betreuung 5000" ist als erstes Modul im Aufbau",
heißt es in einer Antwort der Bundesregierung auf eine parlamentarische Anfrage
der Unionsfraktion. Für ein zweites Betreuungsmodul seien "Beschaffungsprozesse
begonnen" worden, teilte das Bundesinnenministerium mit. Dabei gehört die
Unterbringungsreserve zu den von der Vorgängerregierung übernommenen Projekten
im Bevölkerungsschutz, die Innenministerin Nancy Faeser (SPD) für sinnvoll hält
und weiter verfolgt.

Zeltstadt mit Strom und Küchen

Im Juni 2021 waren mehrere Mehrzweckraumzellen aus dem ersten Modul für die
Erweiterung von Kapazitäten des Corona-Impfzentrums in Berlin-Tempelhof genutzt
worden. Einen Monat später wurden Elemente des DRK-Moduls, das - wenn es eines
Tages komplett ist - als autarke Zeltstadt für bis zu 5000 Menschen mit Strom,
mobilen Küchen, medizinischer Grundversorgung und WLAN funktionieren soll, in
die Hochwassergebiete von Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz geschickt. Zum
Einsatz kamen dort unter anderem eine große Zelthalle als Versorgungs- und
Verpflegungszentrum sowie Stromgeneratoren.

Nach dem Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine im Februar
2022 wurden auf dem Gelände des ehemaligen Berliner Flughafens Tegel Großzelte
aufgestellt. Aufgebaut hat das DRK dort auch eine Stromversorgung sowie Dusch-
und Toilettencontainer samt Beleuchtungstechnik für die Ausleuchtung der Wege
zwischen den Zelten und den Sanitärcontainern. Für längere Zeit soll hier
niemand wohnen. Es geht nur um einen Schlafplatz vor der Weiterfahrt in eine
richtige Unterkunft.

Laut DRK sind die Materialien von Modul eins inzwischen überwiegend
eingelagert. Dass zwischen 20 Prozent und 30 Prozent noch in der Beschaffung
seien, liege nicht am Geld, hieß es auf Anfrage.

Beschaffung von Material für zweites Modul soll 2026 abgeschlossen sein

Eine Sprecherin des ASB teilt zum zweiten Modul mit, derzeit seien
Feldbetten, Bettzeug, Bank-Tisch-Kombinationen sowie weitere Materialien für die
Unterbringung von 5000 Menschen eingelagert. Großzelte für die Betreuung seien
noch "im Zulauf". In einem nächsten Schritt würden dann Stromaggregate, die
ersten Fahrzeuge sowie Unterbringungszelte geliefert. "Nach derzeitigem
Planungsstand sollen alle Beschaffungen bis Ende 2026 abgeschlossen sein", sagte
die Sprecherin.

Auf die Frage nach den Ursachen der Verzögerung antwortete sie, für
bestimmte Materialien und Komponenten gebe es sehr lange Lieferzeiten. Das
betreffe beispielsweise bestimmte Fahrzeuge. Außerdem sei derzeit nur das erste
Modul "voll ausfinanziert, das zweite Modul bisher nur in Teilen". Die
ASB-Sprecherin erklärte, hierzu warte man den Abschluss der aktuellen
Haushaltsverhandlungen ab.

Union: Nicht wieder bis zur nächsten Krise warten

"Der stockende Aufbau der mobilen Betreuungsmodule steht sinnbildlich für
den Umgang der Bundesregierung mit dem Thema Zivil- und Katastrophenschutz",
kritisiert die stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion, Andrea Lindholz
(CSU). Es bräuchte bessere Helferstrukturen, modernere Ausstattung und nicht
zuletzt mehr Geld. Sie sagte: "Obwohl die Bedrohungen real sind, zeigt die Ampel
und allen voran Ministerin Faeser viel zu wenig Engagement." Der Schutz der
Bevölkerung müsse Priorität haben - "wir dürfen nicht wieder erst warten, bis
die nächste Krise da ist".

Der Bund fördere durch die Finanzierung von "Labor 5000" zwar die
Unterbringung von Menschen in Krisensituationen, sagt der Grünen-Innenpolitiker
Leon Eckert. Dies könne aber nur ein erster Schritt sein. Die Länder müssten
gemeinsam mit dem Bund dafür sorgen, dass künftig ausreichend Kapazitäten
bereitgestellt würden./abc/DP/zb

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