15.05.2024 08:35:25 - dpa-AFX: POLITIK/Platz 10 in Europa: Deutschland schafft bessere Bedingungen für Queere

BERLIN (dpa-AFX) - Einem europaweiten Ranking zufolge hat sich die Lage für
queere Menschen in Deutschland seit Mai 2023 noch einmal spürbar verbessert. Wie
aus der jährlich veröffentlichten "Rainbow Map" der Organisation Ilga-Europe
hervorgeht, belegt Deutschland in diesem Jahr unter den 49 betrachteten
europäischen Staaten Platz zehn - und hat sich damit im Vergleich zum Vorjahr um
fünf Plätze verbessert.

Den Angaben zufolge erfüllt Deutschland im europaweiten Vergleich etwa zwei
Drittel der Kriterien, die die Organisation für die rechtliche Gleichstellung
der LGBTIQ-Community als relevant erachtet. Auf Platz eins landet Malta, gefolgt
von Island, Belgien sowie Spanien und Dänemark, die beide Platz vier belegen.
Schlusslichter sind Armenien, die Türkei, Aserbaidschan und Russland.

Die englische Abkürzung LGBTIQ umfasst Lesben, Schwule, Bisexuelle, trans-
und intergeschlechtliche sowie andere queere Menschen. Ilga-Europe vertritt als
Dachorganisation mit 700 Mitgliedern europaweit ihre Interessen.

Für ihre jährlich veröffentlichte Regenbogen-Karte untersucht die
Organisation die rechtliche Entwicklung für queere Menschen in sieben
Themenfeldern, darunter Nicht-Diskriminierung, Familienrecht, Schutz vor
Hasskriminalität und Anerkennung der Geschlechtsidentität. Berücksichtigt wurden
für die Auswertung 2024 alle Neuregelungen, die seit der Veröffentlichung der
letzten Karte im Mai 2023 in Kraft getreten sind.

Deutschland hat sich demnach vor allem beim Schutz vor Hasskriminalität und
bei der rechtlichen Gleichstellung Homosexueller verbessert. So ist es seit 2023
verboten, homo-und bisexuelle Männer sowie transgeschlechtliche Menschen bei der
Blutspende zu diskriminieren. Geändert hat Deutschland auch einen Passus im
Strafgesetzbuch: Seit vergangenem Sommer werden "ge­schlechts­spe­zi­fi­sche"
und "gegen die se­xu­el­le Ori­en­tie­rung ge­rich­te­te" Be­weg­grün­de bei
Straftaten als ex­pli­zit straf­schär­fend gewertet. Mit dieser Änderung sollen
Frauen und queere Menschen besser vor Hasskriminalität geschützt werden. Das
erst kürzlich im Bundestag verabschiedete Selbstbestimmungsgesetz, das die
Änderung des Geschlechtseintrags beim Standesamt erleichtern soll, ist den
Angaben zufolge noch nicht in das Ranking für 2024 eingeflossen.

Der Queerbeauftragte der Bundesregierung, Sven Lehmann, äußerte sich erfreut über das Ergebnis. "Kein anderes Land in Europa ist seit dem letzten Jahr so
deutlich aufgestiegen", sagte Lehmann am Mittwoch der Deutschen Presse-Agentur.
Ziel sei es, in die Top Fünf aufzusteigen. "Das können wir schaffen, wenn wir
die noch offenen im Koalitionsvertrag vereinbarten Vorhaben umsetzen." So
plädiert Lehmann beispielsweise dafür, die rechtliche Anerkennung von
Regenbogenfamilien weiter zu stärken und die sexuelle Orientierung als
Nicht-Diskriminierungsgrund in der Verfassung zu verankern. Hier sieht auch die
Organisation Ilga-Europe noch Lücken.

Besorgt zeigte sich Lehmann angesichts der Entwicklung in anderen
europäischen Staaten. "In den letzten Jahren erstarken europaweit rechtsextreme
und antifeministische Bewegungen." Die würden "gut vernetzt" gegen queere
Menschen mobilisieren. Auch deshalb brauche es mehr Schutz und bessere
Gesetze./faa/DP/zb

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