12.05.2024 16:00:13 - dpa-AFX: POLITIK/ROUNDUP: Friedenspreis Dresden posthum an Nawalny verliehen

DRESDEN (dpa-AFX) - Der bekannte russische Kremlkritiker Alexej Nawalny ist
posthum mit dem Internationalen Friedenspreis Dresden geehrt worden. Seine Witwe
Julia nahm die mit 10 000 Euro dotierte Auszeichnung am Sonntag stellvertretend
im Schauspielhaus der sächsischen Landeshauptstadt entgegen. Alt-Bundespräsident
Joachim Gauck würdigte den vor knapp drei Monaten in Strafhaft ums Leben
Gekommenen als "selbstlosen, fast übermenschlich mutigen Mann, der uns vor Augen
führt, dass es auch ein anderes Russland geben kann". Er sei "eine Ikone aller
anständigen Russen".

Nawalnys Lebenswerk sei "ein Monument, er bleibt ein Vorbild für alle, die
an Freiheit und Würde glauben auch für die Menschen in Russland". Sein
langjähriger Kampf "gegen die korrupte Elite" zähle letztlich zu den
"wichtigsten delegitimierenden Faktoren des Putin-Systems", sagte Gauck. Es gebe
nicht viele andere, "die so unbeirrt, so absolut angstfrei und ungebrochen" an
ihren Zielen festhalten, trotz permanenter Einschüchterung und Schikane.

Es sei "ermutigend und inspirierend" zu sehen, dass sie seine Arbeit "so
unbeirrt, so couragiert und selbstbewusst" fortsetze, sagte Gauck zu Julia
Nawalnaja. "Ich verneige mich in großer Achtung und tiefem Respekt vor Ihnen."
In einem Nachwort zur Laudatio verdoppelte er dann spontan das Preisgeld, weil
er nicht an der Trauerfeier in Moskau teilnehmen konnte.

"Die Welt muss endlich ihre Illusion und falschen Hoffnungen ablegen und auf die hören, die all die Jahre vor Putin gewarnt haben", appellierte Nawalnaja in
ihrer Dankesrede unter Verweis auf den Krieg gegen die Ukraine, den ihr Mann bis
zuletzt verurteilt habe. "Mit Putin ist nicht zu verhandeln, man kann ihm kein
einziges Wort glauben, er wird niemals aufhören; Putin ist Krieg!" Angesichts
von Aussagen vieler Politiker im Westen, sich mit ihm zu einigen und ihm
zuzuhören, "kann ich nicht mehr schweigen", sagte sie. Auch die Erinnerung an
Alexej "lässt mich laut sprechen und sogar fordern". Die Auszeichnung widmete
sie denen, "die in Russland für den Frieden kämpfen und dabei alles riskieren".

Nawalny, prominenter Widersacher von Russlands Präsident Wladimir Putin, war am 16. Februar unter ungeklärten Umständen in einem sibirischen Straflager am
Polarkreis gestorben. Der frühere Bundesinnenminister Gerhart Baum als Vertreter
der Auslober bezeichnete Nawalny als einen "Menschenrechtsverteidiger", der sein
Leben gegeben habe. "Er hat ein Zeichen gesetzt, und er ist nicht allein."
Dieser Preis sei auch eine Ehrung für dessen Frau Julia, die seinen Kampf
unterstützte und fortsetze. An sein Vermächtnis "gilt es zu erinnern und uns zu
fragen, was können wir tun für die Freiheit, nicht nur hier, sondern auch in
Russland."

Seit 2010 hatten die Friends of Dresden jeweils zum Jahrestag der Zerstörung der Stadt im Zweiten Weltkrieg im Februar den Dresden-Preis an Persönlichkeiten
verliehen, die sich in besonderem Maße um Frieden und Völkerverständigung
verdient gemacht haben. Für den Verein übernahm 2024 eine neue Initiative
zusammen mit dem bisherigen Träger, der Klaus Tschira Stiftung (Heidelberg) und
aus dem Dresden-Preis wurde der Friedenspreis Dresden. Zu den in der
Vergangenheit mit dem Dresden-Preis Geehrten gehören der frühere sowjetische
Präsident Michail Gorbatschow, der Pianist und Dirigent Daniel Barenboim, der
Kriegsfotograf James Nachtwey und der Architekt Daniel Libeskind./mon/DP/he

© 2000-2024 DZ BANK AG. Bitte beachten Sie die Nutzungsbedingungen | Impressum
2024 Infront Financial Technology GmbH