13.05.2024 16:30:06 - dpa-AFX: ROUNDUP: IG BAU startet Warnstreikwelle - Auftakt in Niedersachsen

OSNABRÜCK/LANGENHAGEN (dpa-AFX) - Mit lautstarken Protesten haben die
Bauarbeiter am Montag ihre bundesweite Warnstreikwelle begonnen. Den Auftakt
machte Niedersachsen, ab Dienstag soll es im gesamten Bundesgebiet zu
Arbeitsniederlegungen kommen. "Wir sind auf einen langen Arbeitskampf
eingestellt", sagte Carsten Burckhardt, Bundesvorstandsmitglied der
Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU), bei der zentralen Kundegebung
in Osnabrück. "Wir treffen alle - Handwerk und Industrie in Ost, West, Nord,
Süd."

Rund 300 Streikende waren nach Angaben der Gewerkschaft zu der Kundgebung
nach Osnabrück gekommen und zogen anschließend spontan demonstrierend durch die
Stadt. Weitere 150 versammelten sich in Langenhagen bei Hannover vor einer
bestreikten Straßenbaustelle. Viele Bauarbeiter zeigten sich enttäuscht über die
Weigerung der Arbeitgeber, den im April vom Schlichter vorgelegten Kompromiss
anzunehmen. "Bei den Kollegen ist Dampf unter dem Kessel", sagte Kai Schwabe,
Regionalleiter der IG BAU in Niedersachsen in Hannover. Auch in Osnabrück sei
die Stimmung aufgeheizt, erklärte Christian Wechselbaum, Regionalleiter
Weser-Ems.

Streiks bisher nur punktuell

Am ersten Streiktag sei der Arbeitskampf "noch sehr punktuell und nicht
flächendeckend gewesen", sagte eine Sprecherin des Zentralverband Deutsches
Baugewerbe. Ähnlich äußerte sich der Hauptverband der Deutschen Bauindustrie.
Landesweit legten in Niedersachsen nach Angaben der Gewerkschaft mehr als 1000
Bauleute die Arbeit nieder. Betroffen waren unter anderem die Baukonzerne
Strabag, Eurovia und weitere Firmen, darunter auch Bauhandwerker. Die IG BAU
will die Warnstreiks am Dienstag fortgesetzt und auf weitere Regionen ausweiten.
Die Arbeitgeberverbände rechnen damit, dass die Auswirkungen dann deutlich
spürbarer werden als am ersten Tag. Neben Straßenbau und Großbaustellen könne es
auch private Bauherren und Einfamilienhäuser treffen.

"Für unsere Unternehmen bedeutet jeder Tag, an dem nicht gebaut wird, einen
wirtschaftlichen Schaden in ohnehin unsicherer Lage, vor allem im Wohnungsbau",
sagte eine Sprecherin des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie. "Es bleibt
für die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber ein Arbeitskampf zur Unzeit", hieß es
beim Baugewerbe. Beider Verbände forderten die Gewerkschaft auf, schnell zu
einer Verhandlungslösung zu kommen. In der Tarifrunde bilden Bauindustrie und
Baugewerbe eine Tarifgemeinschaft.

Schlichtung brachte keine Lösung

"Ich empfehle den Arbeitgebern, uns als Gewerkschaft und die Wut Ihrer
Mitarbeitenden nicht zu unterschätzen", sagte IG-BAU-Bundesvorstand Burckhardt
in Osnabrück. "Wir sind immer zu ernsthaften Gesprächen bereit. Aber nur dann,
wenn das Angebot besser als der Schlichterspruch ist."

Hintergrund ist die Anfang Mai geplatzte Tarifschlichtung im Bauhauptgewerbe mit 930 000 Beschäftigten. Nach drei erfolglosen Verhandlungsrunden hatte der
Schlichter Rainer Schlegel am 19. April zweistufige Lohnerhöhungen
vorgeschlagen. Zunächst sollten die Einkommen zum Mai pauschal um 250 Euro
steigen und elf Monate später noch einmal 4,15 Prozent im Westen und 4,95
Prozent im Osten. Während die IG BAU den Kompromissvorschlag annahm, lehnten die
Arbeitgeberverbände ihn Anfang Mai ab.

Für den Start des bundesweiten Ausstands habe man Niedersachsen ausgewählt,
weil die dortigen Arbeitgeber zusammen mit einigen anderen Regionen die
Umsetzung des Schlichterspruchs verhindert hätten, so die Gewerkschaft. "Der
Schlichterspruch ist in Niedersachsen gescheitert. Und deswegen beginnen wir
hier in Niedersachsen.", sagte Regionalleiter Schwabe. An den Schlichterspruch
fühle man sich nun nicht mehr gebunden. Gestreikt werde jetzt wieder für die
ursprüngliche Forderung nach 500 Euro mehr im Monat.

Zuletzt war es 2007 auf dem Bau zum Ausstand gekommen, damals regional
begrenzt auf Schleswig-Holstein und Niedersachsen. Einen bundesweiten Streik gab
es auf dem Bau zuletzt 2002./fjo/DP/men

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