21.05.2024 13:28:31 - dpa-AFX: POLITIK: Slowakei sucht nach Fico-Attentat Ausweg aus Polarisierung

BRATISLAVA (dpa-AFX) - Sechs Tage nach einem Attentat auf den slowakischen
Ministerpräsidenten Robert Fico ist am Dienstag erstmals wieder das Parlament in
Bratislava zusammengetreten. Alle 130 anwesenden Abgeordneten stimmten einer von
den Regierungsparteien vorgelegten Erklärung zu, mit der die Volksvertretung
politische Gewalt verurteilt. Regierungspolitiker würdigten, dass auch die
Abgeordneten der Opposition zugestimmt und damit die Einstimmigkeit ermöglicht
hätten.

Ein 71 Jahre alter Attentäter hatte Fico am Mittwoch mit mehreren Schüssen
lebensgefährlich verletzt. Juraj C. gab nach Angaben der Polizei fünf Schüsse
aus unmittelbarer Nähe auf den linkspopulistischen Politiker ab. Vier Schüsse
hätten ihn getroffen und ein sogenanntes Polytrauma, also mehrere schwere
Verletzungen gleichzeitig, hervorgerufen, teilte die Klinik später mit.

Am Montag gab die Klinik in Banska Bystrica bekannt, der Zustand des
Patienten bessere sich allmählich. Er sei bei Bewusstsein und könne
kommunizieren. Zwar befände er sich nicht mehr in Lebensgefahr, eine
Überstellung des Patienten in die Hauptstadt Bratislava sei aber noch nicht
möglich.

Ein von Präsidentin Zuzana Caputova und ihrem gewählten Nachfolger Peter
Pellegrini für Dienstag geplanter Runder Tisch aller Parlamentsparteien wurde
abgesagt. Die noch bis 15. Juni amtierende Caputova und Pellegrini als Sieger
der Präsidentschafts-Stichwahl vom 6. April wollten mit dem Runden Tisch
politische Spannungen zwischen Regierungs- und Oppositionsparteien abbauen und
helfen, die Polarisierung der Gesellschaft zu mindern. Pellegrini sagte in einer
Video-Botschaft, anscheinend sei "die Zeit noch nicht reif dafür". Einige
Politiker hätten "gezeigt, dass sie selbst nach einer solchen Tragödie nicht
fähig zur Selbstbesinnung sind".

In der einstimmig beschlossenen Erklärung des Parlaments heißt es, das
Attentat sei "offensichtlich aus politischen Motiven verübt worden". Der
Angreifer habe die Tat "offensichtlich nur darum verübt, weil er eine andere
politische Einstellung hat als sie die Regierung vertritt". In ihrer Erklärung
rufen die Abgeordneten daher alle Parteien, Nichtregierungsorganisationen und
Medien dazu auf, das Wahlergebnis zu respektieren und keinen Hass gegen die
legitime Regierung zu schüren. Auch sollten sie alle ihre hasserfüllte Rhetorik
ablegen.

Noch vor dem Beschluss hatte Verteidigungsminister Robert Kalinak, der als
erster Vizepremier derzeit Fico vertritt, eine Versöhnungsgeste an die
politischen Konkurrenten gerichtet. Er bitte um Entschuldigung, wenn er
irgendwann übertrieben und in einer unpassenden Wortwahl reagiert
habe./ct/DP/jha

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