13.05.2024 20:00:54 - dpa-AFX: ROUNDUP: Kronzeuge Cohen: Berichte für Trump unterdrückt

NEW YORK (dpa-AFX) ? Im Schweigegeld-Prozess gegen Donald Trump hat
Kronzeuge Michael Cohen bestätigt, vor der US-Wahl 2016 systematisch negative
Berichte über den damaligen Präsidentschaftskandidaten unterdrückt zu haben.
Cohen sagte am Montag im Beisein Trumps bei dem Verfahren in New York aus, er
habe dafür mit dem ehemaligen Herausgeber eines Boulevardblattes, David Pecker,
zusammengearbeitet. Das berichteten im Gericht anwesende Journalisten
übereinstimmend.

Dabei sei es einerseits darum gegangen, dass "positive Geschichten über
Herrn Trump, die von Vorteil" für die anstehende Präsidentenwahl waren, von ihm
und Pecker im Trump-nahen "National Enquirer" verbreitet wurden. Andererseits
habe er mit Pecker daran gearbeitet, negative Berichte, die Trump außereheliche
Affären vorwarfen, zu verhindern. Dazu seien unter anderem die Rechte an diesen
Geschichten gekauft worden, ohne diese jemals veröffentlichen zu wollen. Cohen
bestätigte damit Peckers Aussage von Ende April.

Die Staatsanwaltschaft in New York beschuldigt Trump, seine Aussichten auf
einen Erfolg bei der Präsidentschaftswahl 2016 durch die Zahlung von 130 000
Dollar an die Pornodarstellerin Daniels verbessert haben zu wollen. Obwohl die
Zahlung selbst nicht illegal war, soll Trump bei der Erstattung des Betrages an
Cohen Unterlagen manipuliert haben, um den wahren Grund der Transaktion zu
verbergen. Dies habe die Zahlungen zu illegaler Wahlkampf-Finanzierung gemacht.

Dies ist der erste Strafprozess gegen einen ehemaligen Präsidenten in der
Geschichte der Vereinigten Staaten. Trump droht eine mehrjährige
Freiheitsstrafe, die auch zur Bewährung ausgesetzt werden könnte, oder eine
Geldstrafe. Das Verfahren könnte sich auf den Wahlkampf in den USA auswirken.
Trump, der im November erneut US-Präsident werden will, hat auf nicht schuldig
plädiert.

Trump meist stoisch - außer einmal

Trump war bei Cohens Aussage am Montag mit einem Anzug und einer blau-weißen Krawatte bekleidet. Er schien den Berichten zufolge die meiste Zeit ungerührt,
hatte teilweise die Augen geschlossen. Der Angeklagte hatte seine bislang größte
Entourage mit zum Prozess gebracht. Auch sein Sohn Eric Trump war anwesend, sein
Blick hinüber zu Cohen wurde als abschätzig beschrieben.

Cohen wird als zentrale Figur gesehen, um eine direkte Verbindung zwischen
dem heute 77-Jährigen und Schweigegeldzahlungen an Pornostar Stormy Daniels
herzustellen. Mit der nicht illegalen Zusammenarbeit mit Pecker will die Anklage
ihre Behauptung stützen, dass es Trumps Ziel war, seinen Wahlkampf vor negativen
Berichten zu schützen, um bessere Chancen bei der Abstimmung im November 2016 zu
haben. Dies soll einer möglichen Argumentation der Verteidigung entgegenwirken,
dass es Trump bei der Zahlung an Pornostar Daniels lediglich darum gegangen sei,
Schaden von seiner Familie abzuwenden.

Cohen wurde in Bezug auf die mögliche Veröffentlichung von Daniels'
Geschichte am Montag deutlich: Diese wäre "katastrophal" gewesen, das sei auch
Trump bewusst gewesen. "Er dachte nicht an Melania. Hier drehte sich alles um
den Wahlkampf", so Cohen. Bei dieser Beschreibung habe Trump energisch mit dem
Kopf geschüttelt, hieß es in Medienberichten.

Einst loyaler Trump-Mann, nun verurteilter Lügner - und zentraler Zeuge

Bekannt wurde Cohen als Trumps rechtlicher "Ausputzer" mit enger Beziehung
und direktem Zugang zu diesem - einst sagte er, er würde eine Kugel für Trump
abfangen. Trumps Verteidigung hatte Cohen bei den Eröffnungsplädoyers jedoch als
von Rachegelüsten Getriebenen dargestellt, der bereits unter Eid gelogen hatte.
Auch im anstehenden Kreuzverhör dürfte sie ihn als unglaubwürdig porträtieren.

Der heute 57-jährige Cohen hatte schon 2018 auch wegen seiner Rolle bei eben jenen Schweigegeldzahlungen an Stormy Daniels auf schuldig plädiert - und unter
anderem wegen Falschaussage eine Haftstrafe abgesessen, weshalb er als
problematischer Zeuge gilt. 2018 war Trump noch US-Präsident und wurde von der
Staatsanwaltschaft nicht strafrechtlich verfolgt.

Bei dem Prozess in New York hatte zunächst der wichtige Zeuge Pecker
ausgesagt. Der ehemalige Herausgeber des "National Enquirer" bestätigte dabei
ebenfalls das Narrativ der Anklage, dass Cohen und er im Auftrag Trumps vor der
US-Wahl 2016 negative Berichte unterdrücken sollten, indem sie die Rechte an
ihnen kauften. Vergangene Woche war Pornostar Daniels selbst in den Zeugenstand
getreten und hatte eine wenig schmeichelhafte und detaillierte Aussage zum
Geschlechtsverkehr mit Trump gemacht.

Die Staatsanwaltschaft hatte angekündigt, dass sie die Vernehmung ihrer
Zeugen in dieser Woche beenden könnte. Danach wäre es an der Verteidigung,
entlastende Zeugen aufzurufen, bevor es zu den Schlussplädoyers kommt. Die zwölf
Geschworenen müssen in der Folge eine einstimmige Entscheidung treffen. Richter
Juan Merchan würde bei einer Verurteilung das Strafmaß festlegen./scb/DP/he

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