12.05.2024 21:40:43 - dpa-AFX: SPORT: Kölner Last-Minute-Wahnsinn mischt Karten im Abstiegskampf neu

BERLIN (dpa-AFX) - Als keiner mehr an die Kölner zu glauben schien, nahm der
packende Abstiegskampf doch noch eine irre Wendung. "Der Fußball-Gott hat noch
einen Strohhalm für uns gehabt. Und an den haben wir uns ganz fest geklammert",
sagte FC-Abwehrspieler Dominique Heintz nach dem kaum noch für möglich
gehaltenen 3:2 gegen Union Berlin. Der Last-Minute-Wahnsinn des 1. FC Köln am
Samstag hat die Karten im Kampf um den Klassenverbleib noch einmal kräftig
durchgemischt. Rettung, Relegation, Abstieg - im Tabellenkeller ist vor dem
Bundesliga-Saisonfinale am kommenden Samstag für reichlich Spannung gesorgt.

Nach dem Siegtor durch das 19 Jahre alte Eigengewächs Damion Downs in der
dritten Minute der Nachspielzeit sei er "froh, dass das Dach noch drauf ist",
sagte Kölns Trainer Timo Schultz: "Es war so laut, dass es fast hätte abheben
können." Die Ekstase im Kölner Stadion war verständlich, denn bei einem
Unentschieden wäre der FC sicher abgestiegen. So bleibt vielleicht sogar etwas
mehr als ein Fünkchen Hoffnung. "Das kann einer der kuriosesten Klassenerhalte
werden, die es seit langer Zeit gegeben hat", sagte Schultz.

"Eigentlich waren wir weg, tot"

Nach 18 Minuten hatte Köln 0:2 zurückgelegen, bis zur 87. Minute stand es
1:2. "Eigentlich waren wir weg, tot", sagte Heintz: "Beim 3:2 hatte ich
Gänsehaut und Tränen in den Augen. Auf einmal lebst du wieder, nach so einem
verrückten Spiel." Der FC kann sich nun noch auf den Relegationsrang 16 retten,
wenn er sein letztes Saisonspiel beim 1. FC Heidenheim gewinnt und dabei die
derzeit um drei Treffer schlechtere Tordifferenz gegenüber Union aufholt.
Gleichzeitig muss Berlin zu Hause gegen den SC Freiburg verlieren.

Die Situation sei nun "etwas unbequemer, etwas schwieriger", gab Unions
Interimstrainer Marco Grote zu. Er war bemüht, das angeknackste Selbstvertrauen
seiner Spieler aufzubauen: "Wir haben nach wie vor die Zuversicht, den Glauben
und die Überzeugung und auch das Vertrauen in diese Mannschaft." Für Kapitän
Christopher Trimmel wird das Saisonfinale auch zum Charaktertest beim
Champions-League-Starter dieser Saison. "Wenn es Spieler gibt, die nicht daran
glauben, dann brauchen sie nicht mehr zu kommen", sagte der 37-Jährige: "Aber
ich glaube, dass da keiner dabei sein wird."

"Legende" Henriksen und Mainz vor Rettung

An Glauben mangelt es den Mainzern ganz sicher nicht. Trainer Bo Henriksen
hat seit seiner Ankunft im Februar alle im Club mit seinem Optimismus, seiner
positiven Art und Leidenschaft angesteckt. "Der Typ ist eine Legende. Er kommt
rein, er lacht, er schreit, er tanzt vor den Spielen - es ist unglaublich",
sagte Mittelfeldspieler Nadiem Amiri über den Dänen: "In so einer Situation
brauchst du einfach diese Energie."

Auch beim 3:0 über Champions-League-Finalist Borussia Dortmund strotzten die Rheinhessen nur so vor Selbstvertrauen, der Relegationsrang 16 ist ihnen bereits
sicher. Aufgrund der im Vergleich zu Union deutlich besseren Tordifferenz reicht
Mainz zum Abschluss beim VfL Wolfsburg sehr wahrscheinlich ein Unentschieden zum
sicheren Klassenverbleib. "Auf einen Punkt kann man nie spielen. Es darf nicht
passieren, dass wir denken, wir haben etwas Großes geschafft", mahnte
Sportdirektor Martin Schmidt und forderte: "Wir müssen weiter jagen. Wir müssen
Jäger bleiben."

Terzic sieht keine Wettbewerbsverzerrung

Der Tabellen-14. VfL Bochum muss nach dem 0:5 gegen Bayer Leverkusen weiter
zittern. Der Club, der einst mit dem Prädikat "unabsteigbar" versehen war, tritt
am kommenden Samstag bei Werder Bremen an. Ein Punkt reicht, um sicher in der
Liga zu bleiben.

Bochum wäre schon am Samstag gerettet gewesen, hätte Mainz gegen Dortmund
verloren. Doch der BVB trat mit einer B-Elf an und wurde in der ersten Halbzeit
düpiert. Sorgt der volle Fokus des BVB auf das Champions-League-Finale am 1.
Juni gegen Real Madrid für Wettbewerbsverzerrung im Bundesliga-Abstiegskampf?
"Ich kann verstehen, dass jemand enttäuscht ist", sagte Dortmunds Trainer Edin
Terzic: "Wir sind aber nicht verantwortlich für die Situation, in denen sich die
Vereine befinden." Niemand aus Köln, Berlin oder Bochum könne "so sauer sein wie
ich und wir auf die Mannschaft", erklärte Terzic./jso/DP/zb

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