21.05.2024 21:59:56 - dpa-AFX: EU-Ratsvorsitz macht Ukraine und Moldau Hoffnung auf Verhandlungsstart

BRÜSSEL (dpa-AFX) - Die Ukraine und Moldau können auf einen schnellen Start
der EU-Beitrittsverhandlungen hoffen. Die aktuelle belgische
EU-Ratspräsidentschaft machte am Dienstagabend nach einem Ministertreffen in
Brüssel deutlich, dass sie darauf hinarbeitet, bis Ende Juni eine erste
Konferenz der Verhandlungsdelegationen anzusetzen. "Wir tun unser Möglichstes,
um eine Einigung zu erzielen", erklärte die belgische Außenministerin Hadja
Lahbib. Dass es in den nächsten 40 Tagen zum Verhandlungsstart komme, sei
möglich.

Bevor die Beitrittsgespräche starten können, müssen die EU-Staaten noch
einstimmig sogenannte Verhandlungsrahmen billigen. Mit diesen werden Leitlinien
und Grundsätze für die Beitrittsgespräche mit jedem Kandidatenland festgelegt.

Der Beginn von Verhandlungen mit der von Russland angegriffenen Ukraine und
dessen kleinem Nachbarstaat Moldau war bereits bei einem EU-Gipfel im Dezember
grundsätzlich beschlossen worden. Gleichzeitig wurde aber vereinbart, dass vor
dem Verhandlungsstart alle Reformauflagen erfüllt sein müssen. So waren nach dem
letzten schriftlichen Kommissionsbericht etwa in der Ukraine manche Reformen zur
Korruptionsbekämpfung, zum Minderheitenschutz und zum Einfluss von Oligarchen
nicht vollständig umgesetzt.

Die belgische Außenministerin äußerte sich am Dienstagabend nicht explizit
dazu, ob noch immer Defizite gesehen werden. Lahbib sagte lediglich, die Ukraine
und Moldau setzten ihre Reformprozesse fort.

Die Eröffnung von EU-Beitrittsverhandlungen gilt vor allem als wichtiges
Symbol für die Menschen in der Ukraine und Moldau. Wie lange es nach einem Start
der Gespräche bis zum EU-Beitritt dauern könnte, ist völlig offen. Die Türkei
etwa wurde 1999 EU-Kandidat - und war wohl noch nie weiter von einer
Mitgliedschaft entfernt als heute.

Theoretisch kann ein Beitrittskandidat auch nie Mitglied werden. Bei der
Ukraine gilt es derzeit so auch als ausgeschlossen, dass sie vor dem Ende des
russischen Angriffskriegs EU-Mitglied wird. Denn dann könnte Kiew nach Artikel
42, Absatz 7 des EU-Vertrags militärischen Beistand einfordern und die EU wäre
Kriegspartei.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte zuletzt deutlich
gemacht, dass er dennoch auf eine Entscheidung für Beitrittsverhandlungen noch
im Juni hofft. "Unser Staat, unser Volk haben es verdient, und auch die
Europäische Union braucht diesen Schritt ? nicht nur politisch", sagte er vor
rund zwei Wochen in einer seiner Videoansprachen. Die EU beziehe ihre Kraft auch
daraus, niemanden vor der Tür zu lassen, der an ihre Werte glaube./aha/DP/he

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