21.05.2024 16:07:31 - dpa-AFX: ROUNDUP: Baerbock und Kuleba fordern dringend mehr Unterstützung bei Luftabwehr

KIEW (dpa-AFX) - Deutschland und die Ukraine haben von den internationalen
Partnern angesichts der aktuellen russischen Offensive dringend mehr
Unterstützung für die ukrainische Luftverteidigung verlangt. "Jedes Zaudern und
jedes Zögern bei der Unterstützung der Ukraine kostet das Leben unschuldiger
Menschen. Und jedes Zaudern bei der Unterstützung der Ukraine gefährdet auch
unsere eigene Sicherheit", sagte Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) am
Dienstag bei einem gemeinsamen Auftritt mit ihrem ukrainischen Kollegen Dmytro
Kuleba in der Hauptstadt Kiew. Kuleba warnte: "Wenn man Russland nicht jetzt und
hier stoppt, fliegen dessen Raketen irgendwann weiter."

Ziel des russischen Präsidenten Wladimir Putin sei "die systematische
Zerstörung des ukrainischen Energiesystems, weil es in unseren Gesellschaften
unsere Lebensader ist", sagte Baerbock, nachdem sie ein großes Kohlekraftwerk in
der Nähe von Kiew besichtigt hatte. Das Wärmekraftwerk war bei einem russischen
Angriff mit Raketen im April nach ukrainischen Angaben komplett zerstört worden.
Allen müsse zwei Jahre nach Beginn des Angriffskrieges klar sein: "Der russische
Präsident kennt kein Limit, keinen Kompass der Menschlichkeit." Der beste Schutz
gegen russischen Raketenterror sei die Stärkung der Luftabwehr, sie habe
absolute Priorität.

International sei fast eine Milliarde Euro zur zusätzlichen Unterstützung
der ukrainischen Luftabwehr zusammengekommen, sagte Baerbock. "Aber es ist
vollkommen klar: Es braucht noch mehr." Deswegen sage sie nicht nur mit Blick
auf die Partner, sondern auch auf "unsere eigenen Haushaltsverhandlungen:
Schauen wir alle auf diese zerstörten Kraftwerke der Infrastruktur." Baerbock
ringt mit Finanzminister Christian Lindner (FDP) in den Verhandlungen um den
Bundeshaushalt 2025 um Milliarden-Einsparungen in ihrem Etat.

Baerbock und Kuleba werben für Schweizer Friedensgipfel

Mit Blick auf den von der Schweiz organisierten Friedensgipfel im Juni sagte Baerbock, die Bundesregierung werbe intensiv dafür, dass die Staaten der Welt zu
dem Treffen zusammenkämen, "um gemeinsam die Schritte auf dem Friedensweg zu
gehen". Sie könne nochmals bestätigen, dass für Deutschland Kanzler Olaf Scholz
(SPD) an dem Gipfel teilnehmen werde, "persönlich, um damit auch andere auf der
Welt dazu zu motivieren, ebenfalls mit an dieser Konferenz teilzunehmen". Kuleba
warnte, Russland unternehme große Anstrengungen, um den Gipfel zu sabotieren.

Selenskyj zeichnet Baerbock mit Jaroslaw-Orden aus

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj dankte Baerbock bei einem
Treffen für die militärische und finanzielle Unterstützung durch Deutschland.
"Wir zählen auf Ihre Unterstützung", betonte er an die deutsche Außenministerin
gewandt und ergänzte: "Ich bin froh, dass wir eine solche Verbindung haben."
Selenskyj dankte auch der deutschen Gesellschaft für die Aufnahme ukrainischer
Flüchtlinge in Deutschland.

Der ukrainische Präsident zeichnete Baerbock wegen deren Unterstützung für
sein Land mit einem Verdienstorden aus. Selenskyj überreichte der
Bundesaußenministerin die dritte Stufe des Ordens Jaroslaw der Weise. Der Orden
ist benannt nach dem Großfürsten Jaroslaw dem Weisen, der von 1019 bis 1054 das
mittelalterliche Reich der Kiewer Rus regierte.

Baerbock informiert sich über Zerstörungen an Kohlekraftwerk

Beim Rundgang durch ein von russischen Raketen zerstörtes Kohlekraftwerk in
der Nähe von Kiew ließ sich die Ministerin über die angespannte
Energieversorgung im Land informieren. Nach Angaben des Betreibers war das Werk
bei einem Angriff Mitte April komplett zerstört worden. Der ukrainische
Energieminister Herman Haluschtschenko, der Baerbock begleitete, sagte, Russland
habe damals elf Raketen abgefeuert. Davon seien nur sechs von der ukrainischen
Luftabwehr abgeschossen worden, da keine Raketen mehr zur Verfügung gestanden
hätten.

Besuch in Charkiw aus Sicherheitsgründen abgesagt

Die Ukraine ist aus einem Mangel an Waffen, Munition und Soldaten seit
Monaten in der Defensive. Die Millionenstadt Charkiw im Nordosten des Landes
wird von Russland über die Grenze hinweg aus kurzer Entfernung bombardiert.
Baerbock musste einen am Dienstag geplanten Besuch in Charkiw wegen der
russischen Angriffe aus Sicherheitsgründen absagen. Sie hatte die schon zu
Beginn des Kriegs von russischen Truppen heftig angegriffene Stadt im Januar
2023 besucht und wollte sich erneut über die Situation der Zivilbevölkerung dort
informieren.

Baerbock: Stehen felsenfest an der Seite der Ukraine

Die Bundesaußenministerin sicherte den Menschen in der Ukraine dauerhafte
Unterstützung zu. Putin "spekuliert darauf, dass uns irgendwann die Luft
ausgeht, aber wir haben einen langen Atem", erklärte sie. Deutschland stehe
gemeinsam mit vielen anderen Ländern aus allen Teilen der Welt felsenfest an der
Seite der Ukraine. "Darauf können die Menschen in der Ukraine dauerhaft bauen."
Das zeige die Bundesregierung im Juni, wenn sie die Welt zur
Wiederaufbaukonferenz für die Ukraine nach Berlin einlade. "Gemeinsam mit
unseren Partnern in der Welt und einem starken Bündnis aus Wirtschaft,
Zivilgesellschaft und Kommunen investieren wir langfristig in eine
Zukunftsversicherung für die Ukraine."

"EU-Beitritt der Ukraine geopolitische Konsequenz aus Angriffskrieg"

Die Bundesaußenministerin nannte einen EU-Beitritt der Ukraine erneut "die
notwendige geopolitische Konsequenz aus Russlands völkerrechtswidrigem
Angriffskrieg". Das Land habe "beeindruckende Fortschritte gemacht und ist trotz
der russischen Zerstörungswut auf Reformkurs". Nun gelte es, in den
Anstrengungen für eine Justizreform, bei der Korruptionsbekämpfung und der
Medienfreiheit nicht nachzulassen./bk/fko/DP/ngu

© 2000-2024 DZ BANK AG. Bitte beachten Sie die Nutzungsbedingungen | Impressum
2024 Infront Financial Technology GmbH