22.05.2024 16:26:49 - dpa-AFX: POLITIK/ROUNDUP: Länderchefs rufen zum 'Sommer für Demokratie' auf

BERLIN (dpa-AFX) - Zum 75. Jahrestag des Grundgesetzes werben die
Regierungschefs aller 16 Bundesländer und zahlreiche Prominente für eine
Stärkung der unter Druck geratenen Demokratie in Deutschland. In einem
gemeinsamen Aufruf, der am Mittwoch veröffentlicht wurde, machen sie sich für
einen "Sommer der Demokratie" stark. "Jetzt ist die Zeit, in der alle
Demokratinnen und Demokraten ein unübersehbares und nachhaltiges Zeichen setzen
können: Die Gegner der Demokratie von innen und von außen haben hier keine
Chance", heißt es darin. Zuerst hatten die Zeitungen der Funke Mediengruppe über
den Aufruf berichtet.

Zu den Erstunterzeichnern gehören neben den Ministerpräsidentinnen und
Ministerpräsidenten auch viele Prominente wie die Schauspielerinnen Iris Berben
und Gudrun Landgrebe, die Band The BossHoss, die EKD-Ratsvorsitzende Kirsten
Fehrs und der Bischofskonferenzvorsitzende Georg Bätzing, Telekom-Vorstandschef
Timotheus Höttges oder Fußballtrainer Stefan Kuntz. Auch der Präsident des
Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, und der Vorsitzende des
Zentralrats der Muslime in Deutschland, Aiman Mazyek, haben unterschrieben.

Die demokratische Gesellschaft in Deutschland sei in Bewegung, heißt es in
dem Aufruf weiter. Es werde demonstriert, diskutiert und debattiert. "Das ist
eine große Chance. Daraus kann Gutes laut und sichtbar werden. Ein
optimistisches Deutschland. Ein Land, in dem sich mehr Menschen mit Respekt und
Offenheit begegnen. Ein Land, in dem wir Unterschiede nicht einfach aushalten,
sondern aus ihnen Anstöße und Kraft schöpfen." Dies alles sei nicht nur möglich,
es sei dringend nötig.

Die amtierende Bundesratspräsidentin, Mecklenburg-Vorpommerns
Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD), erklärte zu dem Aufruf: "Es ist ein
großes Glück, dass wir heute in einem vereinten Deutschland in Frieden, Freiheit
und Demokratie leben. Das zu bewahren, ist die wichtigste Aufgabe, die wir
gemeinsam haben." Bremens Regierungschef Andreas Bovenschulte (SPD) rief dazu
auf, sich an 365 Tagen im Jahr für die Demokratie starkzumachen: "Die Feinde der
Demokratie müssen wissen, dass sie in der Minderheit sind. Heute mehr denn je."

An diesem Donnerstag jährt sich die Verkündung des Grundgesetzes zum 75.
Mal. Es war zunächst die Verfassung für die Bundesrepublik und wurde mit der
Wiedervereinigung 1990 die Verfassung für ganz Deutschland. Der Jahrestag wird
in Berlin mit einem Staatsakt gefeiert. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier
wird dabei die zentrale Rede halten.

Die Bundesregierung lädt Bürgerinnen und Bürger von Freitag bis Sonntag zu
einem großen Demokratiefest rund ums Kanzleramt und den Bundestag in Berlin.
Dazu gibt es im Zentrum des Regierungsviertels unter anderem Talkrunden mit
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Mitgliedern seines Kabinetts, Infostände,
Spiele, Konzerte, Schauspiel, Tanz, Sport und die Möglichkeit der Begegnung mit
Prominenten. Am Sonntag werden der Bundespräsident und Frankreichs
Staatspräsident Emmanuel Macron das Fest besuchen. Das wird der Auftakt von
Macrons Staatsbesuch in Deutschland sein.

Auch das Bundeskabinett befasste sich am Mittwoch mit der Verteidigung der
Demokratie. Es verabschiedete ein mehr als 50 Seiten starkes Papier mit dem
Titel "Gemeinsam für Demokratie und gegen Extremismus". Ziel ist es, mehr dafür
tun, dass politische Bildungsangebote auch genutzt werden. Sogenannte
aufsuchende Angebote sollten ausgebaut werden, heißt es in der neuen
Anti-Extremismus-Strategie. "Politische Bildung muss sich dabei verstärkt auch
an Zielgruppen orientieren, die bislang nicht ausreichend erreicht werden." Dazu
gehörten etwa Menschen mit (familiärer) Einwanderungsgeschichte. Es gelte aber
auch, in der Gesamtbevölkerung für demokratische Einstellungen und Handlungen zu
werben.

Außenministerin Annalena Baerbock rief zum 75. Jahrestag des Grundgesetzes
zum Zusammenhalt der Gesellschaft gegen völkischen Hass und Hetze auf. Sie
forderte in einem Video, der "Polarisierung und dem neuen Völkischen
entgegenzutreten und stattdessen die Menschlichkeit zu sehen. Weil
Menschlichkeit unteilbar ist."/sk/DP/ngu

© 2000-2024 DZ BANK AG. Bitte beachten Sie die Nutzungsbedingungen | Impressum
2024 Infront Financial Technology GmbH