10.07.2024 19:49:40 - dpa-AFX: POLITIK: Amnesty International kritisiert Massenverurteilung in Emiraten

ABU DHABI (dpa-AFX) - Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International
hat wegen eines Massenprozesses schwere Vorwürfe gegen die Justiz in den
Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) erhoben. Wie die Organisation mitteilte,
standen bei dem Verfahren 84 Angeklagte wegen Terrorismusvorwürfen vor Gericht,
unter ihnen Dutzende politische Gefangene und Menschenrechtsaktivisten. Mehr als
40 Menschen wurden zu lebenslangen Gefängnisstrafen verurteilt.

Ein Großteil der Angeklagten soll infolge eines früheren Massenverfahrens
bereits elf Jahre im Gefängnis verbracht haben. Bei dem Prozess seien wichtige
rechtsstaatliche Prinzipien verletzt worden, kritisierte Amnesty, unter anderem
das Verbot, mehrmals wegen des gleichen Vorwurfs vor Gericht gestellt zu werden
und dem Grundsatz nicht aufgrund eines Gesetzes verurteilt zu werden, das zum
angeblichen Tatzeitpunkt noch nicht existierte.

Angeklagte sollen mit lauter Musik vom Schlafen abgehalten worden sein

Der staatlichen emiratischen Nachrichtenagentur WAM zufolge wurden bei dem
Prozess 43 Menschen zu lebenslanger Haft verurteilt, fünf erhielten je
15-jährige Haftstrafen und fünf weitere müssen für zehn Jahre ins Gefängnis.
Einige wurden zu teils hohen Geldstrafen verurteilt.

Demnach soll es sich bei den Verurteilten um Mitglieder der in dem Land
verbotenen islamistischen Muslimbruderschaft handeln. Das Gericht bestritt
zudem, die Vorwürfe seien bei einem früheren Verfahren schon einmal verhandelt
worden. Gegen die Urteile kann laut WAM noch Berufung vor dem obersten Gericht
eingelegt werden.

Amnesty bezeichnete den Prozess hingegen als Justizposse und warf den
Behörden in dem Golfstaat vor, die Angeklagten lange in Isolationshaft gehalten,
den Kontakt zu Familien und Anwälten unterbunden zu haben und sie mit lauter
Musik vom Schlafen abgehalten zu haben.

"Dieser Fall sollte der Sargnagel zu den Versuchen der VAE sein, seine
furchtbaren Menschenrechtsverletzungen hinter einer progressiven Fassade zu
verstecken", sagte der für das Land zuständige Amnesty-Rechercheur Devin Kenney
der Mitteilung zufolge./cmy/DP/he

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