20.05.2024 06:21:11 - dpa-AFX: Deutscher Teeverband sorgt sich um Kleinbauern

HAMBURG (dpa-AFX) - Der Deutsche Teeverband fürchtet wegen des neuen
Lieferkettengesetzes der Europäischen Union (EU) um die Zusammenarbeit mit auf
der ganzen Welt verstreuten Kleinbauern. "Mit dem
Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz drängen wir gerade die Schwächsten aus
unseren Lieferketten", sagte die stellvertretende Vorstandsvorsitzende des
Deutschen Tee & Kräutertee Verbands, Annemarie Leniger, der Deutschen
Presse-Agentur. Zwei Drittel der Rohwarenmenge werden nach Verbandsangaben von
Kleinbauern in sogenannten Wildsammlungen eingebracht. Da diese die vom Gesetz
geforderten Nachweise aber nicht erbringen könnten, könnten deutsche Unternehmen
gezwungen sein, sich aus Sorge vor Haftungsrisiken aus den geschaftlichen
Aktivitaten mit kleinbauerlichen Zusammenschlussen zuruckzuziehen.

Verbandsvize Leniger fordert deshalb, die Anforderungen besonders komplexer
und anspruchsvoller Lieferketten bei der Umsetzung des Lieferkettengesetzes zu
berücksichtigen. "Nur so wird das Gesetz künftig nicht die eigenen Ziele
konterkarieren und Unternehmen in Deutschland tatsächlich dabei unterstützen,
die Nachhaltigkeit in den Lieferketten sinnvoll zu verbessern." In Anlehnung an
den von den Vereinten Nationen ins Leben gerufenen International Tea Day begeht
die deutsche Tee-Branche am Dienstag den Tag des Tees. In diesem Jahr steht er
unter dem Motto "Tee vereint die Welt".

Oxfam hält Sorgen für unbegründet

Für die Entwicklungsorganisation Oxfam - ein internationaler Verbund
verschiedener Hilfsorganisationen - ist die Sorge des Teeverbands unbegründet.
Die vom EU-Lieferkettengesetz geforderte Nachweispflicht obliege ja nicht den
Kleinbauern, sondern den Unternehmen, sagte die Teamleiterin Gerechtes
Wirtschaften bei Oxfam Deutschland, Franziska Humbert, der Deutschen
Presse-Agentur. "Sofern dafür Belege notwendig sind, die die Situation vor Ort
betreffen, können die Unternehmen diese selbst mit Hilfe von
Nachhaltigkeitsinitiativen wie dem Fairen Handel besorgen."

Außerdem sehe das Gesetz explizit vor, dass Unternehmen im Rahmen ihrer
Sorgfaltspflicht kleinen und mittelständischen Unternehmen angemessene
finanzielle Unterstützung und Kapazitätsaufbau leisten müssen. "Demnach ist das
betreffende deutsche Teeunternehmen ohnehin verpflichtet, bei der Erstellung
möglicherweise erforderlicher Belege und anderen Maßnahmen, seine
kleinbäuerlichen Geschäftspartner zu unterstützen", sagte Humbert.

Das EU-Lieferkettengesetz zielt darauf ab, Menschenrechte weltweit zu
stärken. Große Unternehmen sollen zur Rechenschaft gezogen werden können, wenn
sie von Menschenrechtsverletzungen wie Kinder- oder Zwangsarbeit profitieren.
Sie sollen zudem Berichte erstellen, inwiefern ihr Geschäftsmodell mit dem Ziel
vereinbar ist, die Erderwärmung auf 1,5 Grad im Vergleich zur vorindustriellen
Zeit zu begrenzen.

Ostfriesen haben die Nase vorn

Nach dem jüngsten vorliegenden Tee Report des Verbands tranken die Deutschen im Jahr 2022 pro Kopf 69,1 Liter Tee, davon 41,3 Liter Kräuter- und Früchtetee
und 27,8 Liter Schwarz- und Grüntee. Der Bio-Anteil bei den Tees lag den Angaben
zufolge bei 15,6 Prozent. Die Importmenge aus 82 Ländern - vor allem aus China,
Indien und Sri Lanke - bezifferte der Report auf fast 60 000 Tonnen, "das macht
pro Tag knapp 132 Millionen Tassen oder pro Stunde fast 5,5 Millionen".
Unangefochtene Tee-Weltmeister mit einem Jahresverbrauch von 300 Litern pro Kopf
seien die Ostfriesen. Das ist laut Verband fast doppelt so viel wie im
klassischen Tee-Land Großbritannien mit 167 Litern./klm/DP/zb

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