14.05.2024 19:19:03 - dpa-AFX: POLITIK: Grünen-Innenpolitikerin hält Ruf nach AfD-Verbot für voreilig

BERLIN (dpa-AFX) - Im Gegensatz zu einigen führenden Landespolitikern ihrer
Partei hält die Parlamentarische Geschäftsführerin der
Grünen-Bundestagsfraktion, Irene Mihalic, nichts davon, jetzt ein
AfD-Verbotsverfahren ins Gespräch zu bringen. Sollte die Partei eines Tages als
gesichert rechtsextremistische Bestrebung mit nachrichtendienstlichen Mitteln
beobachtet werden, könne man darüber nachdenken, sagte die Innenpolitikerin am
Dienstagabend bei einer Diskussionsveranstaltung mit dem Titel "Grundgesetz 75:
Wehrhaft für die Zukunft der Demokratie" in Berlin. Doch auch dann gelte: "Das
Für und Wider muss sorgfältig abgewogen werden." Es ergebe aus ihrer Sicht zudem
keinen Sinn, ein Verbot öffentlich zu fordern, solange die Erfolgsaussichten
unklar seien und sich in dieser Frage über die Parteigrenzen hinweg noch keine
Einigkeit abzeichne.

Die Gastgeberin der Veranstaltung, die parteilose Berliner Justizsenatorin
Felor Badenberg, sagte mit Blick auf die AfD, sie sehe eine "reale Gefährdung"
und sprach von "verstörenden Umfragetrends". Die besten Mittel dagegen seien
mehr inhaltliche Auseinandersetzungen, Lösungskompetenz und "weniger
Sonntagsreden". Zum jetzigen Zeitpunkt über ein Verbotsverfahren zu sprechen,
sei falsch.

Das nordrhein-westfälische Oberverwaltungsgericht in Münster hatte am Montag geurteilt, dass die Einstufung der AfD als rechtsextremistischer Verdachtsfall
durch das Bundesamt für Verfassungsschutz rechtens ist.
Verfassungsschutz-Präsident Thomas Haldenwang sagte bei der
Diskussionsveranstaltung in Berlin, er glaube nicht, dass sich durch das Urteil
"Maßgebliches ändert". Auf die Frage, ob seine Behörde bereits an einem
Gutachten zur Einstufung der AfD als gesichert rechtsextremistische Bestrebung
arbeite, antwortete er, zunächst werde der Verfassungsschutz die schriftlichen
Urteilsgründe abwarten und auswerten. Erst mit dieser Erkenntnis könne man
überhaupt über weitere Schritte nachdenken.

Unter anderem die rheinland-pfälzischen Grünen hatten sich nach dem Urteil
aus Münster für ein Verbotsverfahren ausgesprochen. Die AfD sei eine Gefahr für
die Demokratie und Millionen von Mitbürgern, weshalb ein Verbotsverfahren jetzt
unverzüglich in Angriff genommen werden müsse, erklärten die Berliner
Grünen-Landesvorsitzenden Nina Stahr und Philmon Ghirmai.

Bundestag, Bundesrat oder Bundesregierung sind als einzige Verfassungsorgane berechtigt, einen Antrag auf ein Parteiverbot zu stellen. Die Entscheidung über
einen solchen Antrag trifft das Bundesverfassungsgericht./abc/DP/men

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