22.05.2024 16:10:00 - dpa-AFX: ROUNDUP 2/René Benko im U-Ausschuss: Dürre Antworten zu Politik-Netzwerk

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WIEN (dpa-AFX) - "Wie kam es, dass sie zu dieser Reise eingeladen wurden?",
wollte die österreichische Grünen-Abgeordnete Nina Tomaselli wissen. "Kann ich
mich nicht erinnern", antwortete René Benko in einem Untersuchungsausschuss des
österreichischen Parlaments. 2018 gehörte der Gründer der Immobilien- und
Handelsgruppe Signa zur Delegation des damaligen Kanzlers und ÖVP-Chefs
Sebastian Kurz bei dessen Besuch in Abu Dhabi. Ein Zweck der Reise: Eine
Beteiligung des dortigen Staatsfonds Mubadala an Signa Prime, der Perle im
einstigen Immobilienreich von Benko. Am letzten Tag des U-Ausschusses über das
mutmaßlich enge Verhältnis zwischen ÖVP, Finanzbehörden und Milliardären wurde
die Befragung des 47-Jährigen zu einer sehr zähen Angelegenheit.

"Ich ersuche um Verständnis, dass ich auf die meisten Fragen inhaltlich
nicht eingehen werde", dämpfte Benko am Mittwoch gleich zum Auftakt der
fünfstündigen Sitzung Hoffnungen auf tiefere Einblicke. Gegen den Investor gibt
es im Zusammenhang mit dem Zusammenbruch der Signa-Gruppe viele Anzeigen und
Vorwürfe. Mit Aussagen vor dem Gremium könnte er sich selbst rechtlich belasten.

Kurz war auf Benkos Jacht und Anwesen am Gardasee

Der weitgehend souverän auftretende Benko verwickelte den U-Ausschuss in
langwierige verfahrensrechtliche Diskussionen und beriet sich zu fast jeder
Frage minutenlang mit seinem Anwalt. Immer wieder wurde Benko zu seiner
Beziehung zum ehemaligen Kanzler und ÖVP-Chef Sebastian Kurz befragt. Kurz habe
einige Monate vor seiner Ernennung zum Kanzler im Sommer 2017 als Gast an einer
größeren Veranstaltung in einem Signa-Anwesen am Gardasee teilgenommen, gab
Benko zu Protokoll. Kurz habe sich auch nach seinem Rückzug aus der Politik auf
Benkos Jacht aufgehalten, sagte der Unternehmer. Sebastian Kurz sei unter
anderem aufgrund seiner guten internationalen Kontakte nach seinem Ausscheiden
aus der Politik als Signa-Berater engagiert worden.

Fragen zur steuerlichen Einstufung eines Signa-Privatjets, zu Steuerschulden sowie zu möglichen politischen Absprachen rund um Medienbeteiligungen der Signa
wollte Benko mit Verweis auf weitreichende Ermittlungen der Wirtschafts- und
Korruptionsstaatsanwalt nicht beantworten. Als Benko dann auch noch Aussagen zu
mutmaßlichen prominenten Gästen in einem Luxuschalet verweigerte, kündigte der
Ausschuss-Vorsitzende an, bei Gericht eine Beugestrafe für Benko in der Höhe bis
zu 1000 Euro zu beantragen.

Vor seiner Befragung ging Benko wortlos an den zahlreichen Journalisten
vorbei in den Sitzungsraum. Er kam in Begleitung seines Anwalts sowie von
Polizeibeamten in Zivil. Das österreichische Parlament hatte die Unterstützung
des Innenministeriums angefordert, nachdem der Signa-Gründer zuvor zweimal dem
Ausschuss ferngeblieben war. Der wirtschaftliche Niedergang der Signa-Gruppe,
die in den vergangenen Jahren auch stark in Deutschland expandiert hatte, stand
formal nicht auf der Tagesordnung des Ausschusses.

Insolvenzverfahren dürfte mindestens fünf Jahre dauern

Zeitgleich zur Befragung des Ex-Milliardärs warf ein Gerichtstermin in
Innsbruck ein Schlaglicht auf die Lage im einstigen Einflussbereich des
Signa-Gründers. Im Konkursverfahren gegen die Familie Benko Privatstiftung seien
insgesamt 2,3 Milliarden Euro an Gläubigerforderungen angemeldet worden, wobei
davon nur 49,4 Millionen Euro anerkannt worden seien, teilte Masseverwalter
Herbert Matzunski mit. Davon betroffen seien hauptsächlich ausländische
Investitionsgesellschaften, die ihre Mittel Gesellschaften der Signa-Gruppe zur
Verfügung gestellt hätten, hieß es. Die Privatstiftung hatte Ende März einen
Konkursantrag in Eigeninitiative gestellt.

"Es gibt keine Aussicht, so schnell Vermögen zu generieren. Es wird sich
herausstellen, wie werthaltig die Beteiligungen sind. Diese kommen zum Teil aus
dem insolventen Signa-Konzern. Die Beteiligungen sind daher möglicherweise
nichts wert", verdeutlichte Matzunski.

Das Konkursverfahren der Stiftung dürfte nach Einschätzung des
Masseverwalters mindestens fünf Jahre dauern. Es gehe darum, verschiedenste
Zahlungsströme zu prüfen - eine "Mammutaufgabe" angesichts von über 1000
involvierten Kapitalgesellschaften in Österreich und Deutschland. Jedenfalls
stünden Prüfungen zu den erfolgten Kreditgewährungen und hinsichtlich der
Geldflüsse im Signa-Konzern an.

Häme bei der FPÖ über Benko

Der Staatsfonds Mubadala gehört laut Medienberichten zu den besonders
betroffenen Klägern. Die Investoren aus den Vereinigten Arabischen Emiraten
wollen rund eine Milliarde Euro zurück. Mit Blick auf die Polizeibegleitung beim
Auftritt im U-Ausschuss und die drohende langjährige juristische
Auseinandersetzung meinte der FPÖ-Abgeordnete Christian Hafenecker süffisant:
"Ein Gefühl, an das er sich möglicherweise gewöhnen muss."/mrd/DP/ngu

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