21.06.2024 15:23:19 - dpa-AFX: ROUNDUP: Deutschland darf rund drei Milliarden in Wasserstoffnetz investieren

BRÜSSEL/BERLIN (dpa-AFX) - Die EU-Kommission erlaubt Deutschland, rund drei
Milliarden Euro in seine Wasserstoff-Infrastruktur zu investieren. Damit würden
Fernleitungen errichtet, mit denen die Nutzung von klimafreundlichem Wasserstoff
durch Industrie und Verkehr hochgefahren werden soll, teilte die Brüsseler
Behörde am Freitag mit. Die positiven Auswirkungen der Beihilfen seien größer
als der potenzielle Schaden, der etwa durch Wettbewerbsverzerrungen entstehen
könne, so die Kommission.

Wenn der Staat ein Unternehmen mit Geld oder Steuervorteilen unterstützen
will, gelten in der EU dafür sehr strenge Regeln. Damit soll sichergestellt
werden, dass der Wettbewerb zwischen Konkurrenten nicht vom Staat verzerrt wird.
Vor allem auf Basis erneuerbarer Energien aus Wind und Sonne hergestellter
grüner Wasserstoff soll in Zukunft eine tragende Rolle spielen. Damit sollen
fossile Brennstoffe ersetzt werden.

Die erste große Leitung soll 2025 in Betrieb genommen werden. Ein
vollständiges Kernnetz soll 2032 fertig sein. Konkret sollen Unternehmen in Form
von staatlichen Garantien unterstützt werden, durch die sie günstige Darlehen
erhalten können. Damit könnten Verluste, mit denen zu Beginn des Projekts
gerechnet wird, gedeckt werden.

Expertengremium mahnt mehr Tempo an

Der Nationale Wasserstoffrat dringt auf einen schnelleren Aufbau einer
Wasserstoffwirtschaft in Deutschland. Vier Jahre nach der Formulierung der
Nationalen Wasserstoffstrategie (NWS) stocke der Wasserstoffhochlauf, heißt es
in einer Stellungnahme. Der Standort laufe Gefahr, im internationalen Vergleich
den Anschluss zu verlieren. "Ohne wirksame Maßnahmen drohen die in der NWS
verankerten Ziele verfehlt zu werden - trotz der (...) in jüngster Zeit
angestoßenen Projekte und Initiativen." Die Stellungnahme richtet sich vor allem
an politische Entscheidungsträger aller Ebenen.

Zwar gebe es viele Bekenntnisse zu Wasserstoff als wichtige Säule zur
Dekarbonisierung der Wirtschaft. "Allerdings klafft eine immer größere Lücke
zwischen dem politisch definierten Ambitionsniveau auf nationaler und
europäischer Ebene und dessen praktischer Umsetzung." Diese Lücke spiegele sich
unter anderem in der Differenz zwischen geplanten Wasserstoffprojekten und
finalen Investitionsentscheidungen wider.

Verlässliche Rahmenbedingungen angemahnt

In energieintensiven Unternehmen wachse die Unsicherheit, ob Wasserstoff und Wasserstoffverbindungen in ausreichenden Mengen und zu geeigneten Konditionen
verfügbar sein werden, so der Wasserstoffrat. "Die Deindustrialisierung ist
keineswegs eine Drohkulisse - sondern eine reale Gefahr", sagte die Vorsitzende
des Wasserstoffrats, Katherina Reiche. "Nur mit Wasserstoff können wir
Wertschöpfungsketten stärken, Schlüsselindustrien in Deutschland halten und
unsere Klimaschutzziele erreichen."

Der Rat forderte unter anderem flankierende Fördermaßnahmen der öffentlichen Hand sowie staatliche Bürgschaften. Ohne solche Maßnahmen könne die Kostenlücke
für Wasserstoff im Wettbewerb zu den heutigen fossilen Energieträgern nicht
geschlossen werden. Dringlich sei auch eine zeitnahe Veröffentlichung der
Importstrategie der Bundesregierung.

Dem von der Bundesregierung berufenen Wasserstoffrat gehören 26 Expertinnen
und Experten aus Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft an./mjm/DP/ngu

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