05.07.2024 06:00:04 - dpa-AFX: ROUNDUP: Neue Hoffnung auf Waffenruhe im Gaza-Krieg

TEL AVIV (dpa-AFX) - Mitten im sich zuspitzenden Konflikt zwischen Israel
und der libanesischen Hisbollah-Miliz gibt es neue Hoffnung auf eine Waffenruhe
im Gaza-Krieg. Man habe einen "Durchbruch" an einem Punkt erzielt, an dem die
Verhandlungen bislang in der Sackgasse steckten, sagte ein
US-Regierungsvertreter. "Was wir von der Hamas zurückbekommen haben, war eine
ziemlich deutliche Anpassung ihrer Position, und das finden wir ermutigend." Die
Islamistenorganisation hatte den Vermittlern USA, Katar und Ägypten am Mittwoch
einen Vorschlag übermittelt, der nach eigener Darstellung einige Ideen enthält.

Bericht: Hamas rückt von Position ab

Die Hamas fordere nun nicht länger einen vollständigen Rückzug der
israelischen Truppen während der ersten Phase eines von US-Präsident Joe Biden
im Mai präsentierten dreistufigen Plans, berichtete das "Wall Street Journal"
unter Berufung auf einen israelischen Regierungsbeamten. Die erste Phase sieht
die Freilassung einiger Geiseln während einer sechswöchigen Waffenruhe vor.

Der Beamte betonte gegenüber der Zeitung, die indirekten Verhandlungen seien aber weiter schwierig. Das US-Nachrichtenportal "Axios" zitierte einen
israelischen Beamten, demzufolge bis zu einem möglichen Deal zwei bis drei
Wochen vergehen könnten.

"Wir erwarten, dass diese Vereinbarung zu einem dauerhaften Waffenstillstand führt", sagte der US-Regierungsvertreter. Laut israelischen Medien sollen die
indirekten Verhandlungen heute in Doha weitergehen. Am Vorabend habe Israels
Sicherheitskabinett über das Mandat für die eigene Delegation unter Leitung des
Chefs des Auslandsgeheimdienstes Mossad, David Barnea beraten. US-Präsident
Biden begrüßte die vom israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu
genehmigte Entsendung eines Verhandlungsteams.

Netanjahu bekräftigt eigene Ziele

Der wichtigste Punkt sei, dass die Antwort der Hamas "Flexibilität"
beinhalte, die es beiden Seiten erlaube, in die erste Phase des Abkommens
einzutreten - auch mit dem Risiko, dass die nächste Phase nicht zustande kommt,
zitierte "Axios" israelische Beamte. Laut dem Plan sieht die zweite Etappe die
dauerhafte Einstellung der Kämpfe und die Freilassung der restlichen Geiseln
vor. In dem abgeriegelten Küstenstreifen werden noch 120 Geiseln vermutet, viele
von ihnen dürften aber nicht mehr am Leben sein.

Netanjahu bekräftigte im Telefonat mit Biden, der Krieg werde erst enden,
wenn Israel alle seine Ziele erreicht habe, darunter die Zerschlagung der Hamas
und die Befreiung aller Geiseln. Er hatte kürzlich in Aussicht gestellt, dass
die letzten größeren Hamas-Verbände im Süden Gazas bald zerschlagen würden.
Damit könnte zumindest die großangelegte Bodenoffensive enden, auch wenn das
nicht das Ende des Militäreinsatzes in Gaza wäre.

Israel richtet seine Aufmerksamkeit nun zunehmend auf seine Grenze im Norden zum Libanon. Dort feuerte die von Israels Erzfeind Iran unterstützte schiitische
Hisbollah-Miliz zuletzt als Reaktion auf die Tötung eines ranghohen Kommandeurs
mehr als 200 Raketen und 20 Drohnen auf Israel ab. Dabei kam ein israelischer
Reservist im Rang eines Majors ums Leben, wie die israelischen Streitkräfte
mitteilten.

Biden sichert Israel Beistand zu

Die Hisbollah will erst mit dem Beschuss auf Israel aufhören, wenn es eine
Waffenruhe in Gaza gibt. Sie handelt nach eigenen Aussagen aus Solidarität mit
der Hamas.

"Präsident Biden bekräftigte sein eisernes Engagement für Israels
Sicherheit, auch angesichts der Bedrohung durch vom Iran unterstützte
Terrorgruppen wie die libanesische Hisbollah", teilte das Weiße Haus nach Bidens
Gespräch mit Netanjahu mit. Für den 15. Juli sei außerdem ein Treffen der
wichtigsten Berater von Biden und Netanjahu geplant, hieß es.

Ein Abkommen über eine Waffenruhe und die Freilassung von Geiseln im
Gaza-Krieg könnte das wirksamste Mittel sein, einen Flächenbrand in Nahost zu
verhindern, schrieb das "Wall Street Journal". Israel und die Hisbollah liefern
sich seit Beginn des Gaza-Kriegs nahezu täglich Gefechte. Zuletzt nahm deren
Intensität deutlich zu. Es besteht die Sorge, dass sich die Kampfhandlungen zu
einem regionalen Konflikt ausweiten, in den auch die USA und der Iran
hineingezogen werden könnten.

Der Iran ist nicht nur mit der Hisbollah und der Hamas verbündet, sondern
auch mit nichtstaatlichen Akteuren im Irak sowie im Jemen. Syrien ist Teherans
einziger strategischer Partner auf staatlicher Ebene.

Israel erlaubt Tausende Wohneinheiten im Westjordanland

Israels Militärverwaltung hat derweil den Bau von 5.295 Wohneinheiten im
Westjordanland genehmigt. Weiterhin sollen drei Siedler-Außenposten legalisiert
werden, wie die Menschenrechtsorganisation Peace Now mitteilte. Entsprechende
Beschlüsse habe der Hohe Planungsrat gefasst, ein Gremium der Militärverwaltung
für das Westjordanland. Bereits in der Vorwoche hatten die israelischen
Besatzungsbehörden die Legalisierung von fünf Außenposten beschlossen.

Nach internationalem Recht ist jede Siedlungstätigkeit in militärisch
besetzten Gebieten illegal. Auch nach israelischem Gesetz sind die Siedlungen
illegal, sie werden aber gelegentlich rückwirkend legalisiert. Israel hatte
während des Sechs-Tage-Kriegs 1967 unter anderem das Westjordanland und
Ost-Jerusalem erobert. Dort leben heute inmitten drei Millionen Palästinensern
rund 700.000 israelische Siedler. 1993 waren es laut Peace Now noch
250.000./ln/DP/zb

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