11.07.2024 16:18:11 - dpa-AFX: ROUNDUP 4: Der komplizierte Verzicht auf chinesische Technik im 5G-Netz

(neu: Details, Aufmachung.)

BERLIN (dpa-AFX) - Die Bundesregierung und die Betreiber der deutschen
Mobilfunknetze haben sich nach langem Streit auf einen weitgehenden Bann
chinesischer 5G-Technologie geeinigt. Um Schadensersatzklage vorzubeugen,
erfolgte der Kompromiss in Form eines öffentlich-rechtlichen Vertrags, wie
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) in Berlin mitteilte. Der Kompromiss
sieht vor, dass die Provider mehr Zeit für den Umstieg haben und auch einfache
Elemente von Huawei und ZTE weiter nutzen können. Dafür verpflichten sich die
Provider auf einen flächendeckenden Austausch - und nicht nur in der räumlichen
Nähe von Bundesministerien und sensiblen Einrichtungen.

Im Kernnetz dürfen die kritischen Komponenten spätestens Ende 2026 nicht
mehr eingesetzt werden, erklärt Faeser. Hier geht es um die zentralen
5G-Rechenzentren für die Datenübertragung. In einem zweiten Schritt geht es um
die Zugangs- und Transportnetze, hierzu zählen etwa Funkmasten. Über die
finanziellen Konditionen haben alle Seiten Stillschweigen vereinbart. Zu
möglichen Ausgleichszahlungen wollte Faeser nichts sagen.

Mögliche Risiken durch Sabotage und Spionage

Die Bundesinnenministerin sah dringenden Handlungsbedarf, weil sie
Deutschland gegen Risiken durch Sabotage und Spionage beim Ausbau der Netze
wappnen möchte. Aber auch Wirtschaftsminister Robert Habeck und Außenministerin
Annalena Baerbock (beide Grüne) drängten auf ein rasches Verbot. Sie zogen eine
Parallele zur einstigen Abhängigkeit Deutschlands von billigen Gas-Importen aus
Russland. Die Bundesrepublik dürfe beim Ausbau einer wichtigen Infrastruktur wie
dem Mobilfunk der fünften Generation (5G) nicht auf Schlüsselkomponenten aus
China setzen. Digitalminister Volker Wissing (FDP) machte sich dagegen Sorgen,
ob sich die Mobilfunkversorgung nach einem Umbau verschlechtert.

Weltmarktführer Huawei im Fokus

Die Vorbehalte der Politik betreffen vor allem den Weltmarktführer im
Bereich Mobilfunk-Infrastruktur, Huawei. Aber auch gegen den kleineren
Wettbewerber ZTE aus China bestehen politische Vorbehalte. Huawei ist der
führende chinesische Technologie-Konzern, der nicht nur Smartphones, Tablet
Computer und Laptops baut, sondern auch ein wichtiger Zulieferer für
unterschiedlichste Infrastrukturprojekte ist. Der Konzern ist nicht an der Börse
notiert, verweist aber darauf, das Unternehmen gehöre über Mitarbeiteraktien den
Angestellten und werde auch von diesen kontrolliert. Wie andere chinesische
Unternehmen steht Huawei allerdings auch unter dem Einfluss der Kommunistischen
Partei und der Staatsführung. Das Unternehmen ist gesetzlich verpflichtet, mit
dem chinesischen Staat zusammenzuarbeiten.

Vorwürfe aus den USA

Insbesondere Politiker und Wirtschaftswissenschaftler aus den USA behaupten, Huawei müsse aufgrund der autoritären Machtstrukturen in China für die
Staatsführung seine Kunden im Ausland ausspionieren. Beklagt wird auch eine
intransparente Firmenstruktur. Formell gehörten die Mitarbeiteranteile nicht den
Beschäftigten selbst, sondern einer Gewerkschaft. Und die werde wie alle
Gewerkschaften in China von der Partei kontrolliert. Eine "smoking gun" konnten
die Huawei-Kritiker bislang nicht präsentieren: Der Konzern wurde noch nie in
der Öffentlichkeit in konkreten Fällen der Spionage oder Sabotage überführt.

Alternativen aus Skandinavien

Neben Huawei und ZTE aus China sind auf dem Markt der Radio Access Networks
(RAN) vor allem Nokia aus Finnland und Ericsson
aus Schweden aktiv. Technologisch spielen sie in der gleichen Liga, die
chinesischen Zulieferer sind aber häufig preiswerter. Ein Alternativkonzept ist
Open RAN, bei dem Komponenten unterschiedlicher Hersteller miteinander
kombiniert werden können. Neben den klassischen RAN-Anbietern Huawei, ZTE, Nokia
und Ericsson kommen hier neue Player wie Rakuten Symphony (Japan) oder Juniper
Networks (USA) mit ins Spiel.

Huawei in Großbritannien bereits ausgeschlossen

Die umfangreichsten Erfahrungen liegen aus Großbritannien vor, wo Huawei
bereits im Jahr 2020 als Ausrüster ausgeschlossen wurde. Im Februar 2024 zeigte
ein 5G-Benchmarking-Test des spanischen Unternehmens Medux, dass Großbritannien
im internationalen Vergleich nur noch über ein schwaches 5G-Netz verfügt. In dem
Vergleichstest lag Berlin auf dem ersten Platz, gefolgt von Barcelona und Paris.
London landete deutlich abgeschlagen auf dem letzten Platz des
Metropolen-Rankings. Digitalminister Wissing ist sich nach dem Kompromiss aber
sicher, dass dieses Szenario sich in Deutschland nicht wiederholen wird und der
5G-Ausbau nicht ins Stocken gerät. Mit den vereinbarten Übergangsfristen gebe
man den Netzbetreibern die nötige Zeit für eine geordnete Umstellung./chd/DP/men
Name WKN Börse Kurs Datum/Zeit Diff. Diff. % Geld Brief Erster Schluss
DT.TELEKOM AG NA 555750 Xetra 24,110 31.07.24 16:51:55 +0,020 +0,08% 24,100 24,110 23,890 24,090
ERICSSON B (FRIA) 850001 Xetra 6,286 31.07.24 15:35:32 -0,040 -0,63% 6,302 6,308 6,276 6,326
TELEFONICA INH. EO 1 850775 Xetra 4,180 31.07.24 16:34:11 -0,025 -0,59% 4,181 4,185 4,211 4,205
NOKIA OYJ EO-,06 870737 Xetra 3,621 31.07.24 16:39:33 -0,016 -0,45% 3,620 3,623 3,613 3,638
VODAFONE GROUP PLC A1XA83 Xetra 0,860 31.07.24 16:51:51 -0,003 -0,30% 0,860 0,860 0,872 0,863

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