30.06.2024 14:10:00 - dpa-AFX: EM 2024/Portugals große Diskussion: Besser mit Ronaldo - oder ohne?

FRANKFURT (dpa-AFX) - Cristiano Ronaldo hat es noch nie gemocht, wenn nicht
er selbst, sondern ein anderer Spieler im Mittelpunkt des Interesses steht. Bei
einem so großen Turnier wie der Fußball-Europameisterschaft lässt sich das aber
nicht immer vermeiden. Und so gehörte die Bühne vor dem EM-Achtelfinale zwischen
Portugal und Slowenien (Montag, 21.00 Uhr/ARD und Magenta TV) zumindest für
einen kurzen Moment dem defensiven Mittelfeldspieler Joao Palhinha. Den wollte
der FC Bayern München schon im vergangenen Jahr unbedingt verpflichten und seit
einigen Wochen baggert der deutsche Rekordmeister hartnäckig aufs Neue.

Palhinha will zum FC Bayern

Palhinha selbst hat nun vor dem Slowenien-Spiel ziemlich deutlich
heraushängen lassen, dass er mit einem Jahr Verspätung vom FC Fulham in England
nach Deutschland wechseln will. "Beide Vereine wissen, wo ich in einem Monat
sein möchte", sagte der 28-Jährige im EM-Quartier der Portugiesen in Marienfeld.
"Was auch immer passieren muss, wird passieren." Sein Transfer nach München
hängt jetzt an der Höhe der Ablösesumme. Grundsätzlich weiß aber jeder, woran er
ist.

Für die Portugiesen gilt das bei diesem Turnier noch nicht. Und so soll ihr
erstes K.-o.-Runden-Spiel in Frankfurt am Main endlich Antworten liefern auf die
zwei großen, aber in den drei Vorrunden-Spielen gegen Tschechien (2:1), die
Türkei (3:0) und Georgien (0:2) noch immer nicht geklärten Fragen: Wie gut ist
diese Mannschaft wirklich? Und macht sie der 39 Jahre alte Ronaldo immer noch
besser - oder eher nicht?

Die Empirie sagt dabei etwas anderes als Ronaldos Trainer und auch
Mitspieler. Die haben sich schon lange vor der EM für die nur noch in
Saudi-Arabien für Al-Nassr spielende Fußball-Legende als Mittelstürmer Nummer
eins ausgesprochen - und halten daran auch nach seiner Auswechselung gegen
Georgien fest.

Pepes Plädoyer

"Haben Sie gesehen, wie er auf dem Platz dem Team geholfen hat?", fragte der sogar schon 41 Jahre alte Mitspieler Pepe die portugiesischen Journalisten am
vergangenen Freitag. "Es ist unglaublich. Er ist einer der Spieler mit den
meisten Minuten in unserem Team. Und das mit 39 Jahren. Ich bin mir sicher, dass
er uns noch viel mehr Freude bereiten wird. Cristiano Ronaldo lebt für Tore. Das
ist eine Tatsache!"

Dass man das auch anders sehen kann, zeigte ausgerechnet ein Testspiel gegen den Achtelfinal-Gegner Slowenien vor drei Monaten. Innerhalb von sechs Tagen
gewannen die Portugiesen Ende März zunächst ohne Ronaldo gegen Schweden (5:2)
und verloren danach mit Ronaldo gegen die vergleichsweise schwächer besetzten
Slowenen (0:2). Seitdem wird im Land des Europameisters von 2016 wieder
besonders kontrovers über den Rekordnationalspieler (210 Spiele) und
Rekordtorschützen (130 Tore) diskutiert.

Ronaldo und Rangnick

Portugals größte Sportzeitung "A Bola" verwies an diesem Sonntag in einem
langen Kommentar ausgerechnet auf einen Mann, mit dem Ronaldo in der kurzen
gemeinsamen Zeit bei Manchester United nie etwas anfangen konnte: den deutschen
Trainer Ralf Rangnick. Denn der habe der österreichischen Nationalmannschaft
etwas eingetrichtert, was sich bei den Portugiesen durch die Fixierung auf
Ronaldo und seine individuellen Qualitäten nie herausgebildet habe: eine klare
Spielidee. Eine fußballerische Identität.

Uneingeschränkt Pro-CR7 ist die Stimmung in Portugal also nicht. Und die
jüngsten Niederlagen gegen Georgien (EM), Kroatien und Slowenien (beide
EM-Vorbereitung) haben eine gewisse Verunsicherung sogar noch geschürt. Obwohl
Palhinha am Wochenende betonte: "Das erste Spiel im März war nur ein
Freundschaftsspiel. Daher ist die Motivation jetzt völlig anders."/sti/DP/nas

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