24.06.2024 13:19:12 - dpa-AFX: ROUNDUP/Neue Sanktionen: EU nimmt erstmals russische LNG-Geschäfte ins Visier

LUXEMBURG (dpa-AFX) - Die EU geht erstmals mit weitreichenden Sanktionen
gegen Russlands milliardenschwere Geschäfte mit Flüssigerdgas (LNG) vor. Die
Außenminister der 27 Mitgliedstaaten billigten die Sanktionen am Montag in
Luxemburg zusammen mit weiteren neuen Strafmaßnahmen wegen des russischen
Angriffskriegs gegen die Ukraine.

Außenministerin Annalena Baerbock bezeichnete das Paket als Teil der
entschlossenen Unterstützung für die Ukraine. Russlands Präsident Wladimir Putin
habe das Land und die europäische Friedensordnung brechen wollen, sagte die
Grünen-Politikerin. Erreicht habe er aber das Gegenteil.

Die Sanktionen gegen die Geschäfte mit LNG sehen vor, dass Häfen wie der im
belgischen Zeebrugge künftig nicht mehr zur Verschiffung von russischem LNG in
Drittstaaten genutzt werden dürfen. Dies soll dazu führen, dass Russland wegen
mangelnder Transportkapazitäten weniger Flüssigerdgas verkaufen kann und weniger
Gewinne erzielt, die für die Fortsetzung des Angriffskriegs gegen die Ukraine
verwendet werden könnten.

Milliarden Kubikmeter LNG betroffen

Bislang bringen häufig für den Einsatz in eisbedeckten Gewässern geeignete
russische Tanker Flüssigerdgas von der Jamal-Halbinsel in Sibirien in EU-Häfen.
Dort wird das LNG dann auf normale Tanker umgeladen, die in weiter entfernte
Weltregionen fahren. So können die "Eisbrecher"-Tanker deutlich mehr Einsätze
fahren.

Nach Angaben der EU-Kommission wurden im vergangenen Jahr etwa vier bis
sechs Milliarden Kubikmeter russisches LNG über EU-Staaten in andere Länder
weitergeleitet. Betroffen sein könnten damit Geschäfte im Wert von mehreren
Milliarden Euro. LNG-Importe für den Gebrauch in der EU sind nicht getroffen.
Sie werden von manchen EU-Staaten noch immer als unverzichtbar angesehen, um die
Energieversorgung zu akzeptablen Preisen zu gewährleisten.

Kampf gegen Sanktionsumgehung

Neben den LNG-Sanktionen enthält das mittlerweile 14. EU-Paket auch
zahlreiche Maßnahmen, die eine Umgehung von bereits bestehenden Sanktionen
erschweren sollen. So führen Verstöße gegen die aktuellen Regeln beispielsweise
dazu, dass Russlands Rüstungsindustrie noch immer westliche Technologie nutzen
kann, um Waffen für den Krieg gegen die Ukraine herzustellen.

Konkret sollen EU-Unternehmen sorgfältiger kontrollieren, dass von ihnen
exportierte kritische Güter nicht in Russland landen. Eine Ausweitung der
sogenannten "No Russia Clause" auf Tochterunternehmen wurde allerdings von der
Bundesregierung verhindert. Grund waren offensichtlich Warnungen von
Unternehmen, die einen zu hohen Verwaltungsaufwand und Umsatzverluste
befürchteten.

Mit der "No Russia Clause" wird von EU-Exporteuren verlangt, dass sie die
Wiederausfuhr von bestimmten Gütern nach Russland und die Wiederausfuhr zur
Verwendung in Russland vertraglich verbieten. Betroffen davon sind unter anderem
Luftfahrtgüter, Waffen und fortgeschrittene Technologiegüter, die in russischen
Militärsystemen verwendet werden. Neu auf die Liste kommt mit dem 14.
Sanktionspaket auch industrielles Know-how zur Herstellung von Rüstungsgütern.

Unternehmen in China und Türkei betroffen

Teil des neuen Pakets sind zudem Sanktionen gegen Dutzende weitere
Unternehmen, denen vorgeworfen wird, zur militärischen und technologischen
Stärkung Russlands oder zur Entwicklung seines Verteidigungs- und
Sicherheitssektors beizutragen. An sie dürfen aus der EU künftig keine
militärisch nutzbaren Güter und Technologien mehr verkauft werden. Einige dieser
Unternehmen haben ihren Sitz nach EU-Angaben in Drittländern wie China,
Kasachstan, Kirgistan, der Türkei und den Vereinigten Arabischen Emiraten.

Darüber hinaus wird die Nutzung des russischen Finanznachrichtendienstes
(SPFS) weitgehend verboten, weil dieser aus EU-Sicht von der Zentralbank
Russlands entwickelt wurde, um die Wirkung von Sanktionen zu neutralisieren.

Angesichts der anhaltenden Versuche Russlands, die demokratischen Prozesse
in der EU zum Beispiel mit Desinformationskampagnen zu stören, wurde
beschlossen, dass politische Parteien und Stiftungen, nicht-staatliche
Organisationen und Mediendienstleister in der ganzen EU keine Finanzierung von
der russischen Regierung und ihren Vertretern mehr akzeptieren
dürfen./aha/DP/jha

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