19.06.2024 16:14:16 - dpa-AFX: ROUNDUP: Putin vereinbart in Nordkorea strategische Partnerschaft samt Beistand

PJÖNGJANG (dpa-AFX) - Die Atommächte Russland und Nordkorea haben im
Konflikt mit den USA und deren Verbündeten ein neues Bündnis geschmiedet. Beide
Länder hätten einen gegenseitigen Beistand für den Fall eines militärischen
Angriffs durch einen Drittstaat vereinbart, sagte der russische Präsident
Wladimir Putin am Mittwoch in der nordkoreanischen Hauptstadt Pjöngjang. Die
gegenseitige Hilfe bei einer Aggression von außen ist demnach Teil eines
Vertrags über eine allumfassende strategische Zusammenarbeit, den Putin mit
Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un unterzeichnet hat. Das Abkommen soll die
Zusammenarbeit der beiden Staaten auf eine neue Stufe stellen.

Putin, der am frühen Mittwochmorgen (Ortszeit) zu einem Staatsbesuch
eingetroffen war, dankte seinem Gastgeber auch für die Unterstützung seines
Landes beim russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Er lud Kim russischen
Angaben zufolge zudem zu einem neuen Besuch ein - diesmal nach Moskau, nachdem
sich die beiden im September zuletzt in Wladiwostok getroffen hatten. Der
jetzige Besuch war Putins erster Aufenthalt in dem abgeschotteten Nachbarland
seit 24 Jahren.

Besorgnis der USA

Besonders die wachsende militärische Kooperation Russlands mit Nordkorea
wird von den USA und ihren Verbündeten mit großer Besorgnis gesehen, weswegen
das Treffen in Pjöngjang von ihnen genau beobachtet wurde. Die USA werfen
Nordkorea vor, Russland für die Invasion mit Raketen und Artilleriemunition
auszurüsten. Sie befürchten, dass Nordkorea im Gegenzug militärische
Schlüsseltechnologie aus Russland erhalten könnte, etwa für den Bau von
Trägerraketen für den Satellitenstart oder von Atom-U-Booten. Beide Länder haben
eine solche Kooperation bestritten.

Beide Länder unterliegen internationalen Sanktionen. Wegen des Angriffs auf
die Ukraine vor mehr als zwei Jahren hat der Westen bereits beispiellose
Sanktionen gegen Russland und seine Unterstützer verhängt. Nordkorea unterliegt
wegen seines Atomwaffenprogramms Strafmaßnahmen des UN-Sicherheitsrats sowie
separaten Sanktionen einzelner Länder.

Üppiger Empfang für Putin

Kim bereitete dem Kremlchef einen üppigen Empfang, Nordkoreas Staatsmedien
sprachen von einem "historischen Besuch". Kim holte den Gast zunächst am
Flughafen ab, wo sich beide lächelnd umarmten. Danach fuhren sie zusammen zum
Kumsusan-Staatsgästehaus, das Putin als Unterkunft diente.

Vor Beginn der politischen Gespräche wurde Putin bei einer offiziellen
Begrüßungszeremonie auf dem Kim-Il-Sung-Platz, dem städtebaulichen und
symbolischen Zentrum Pjöngjangs, von einer jubelnden Menschenmenge begrüßt.
Viele hielten russische Fähnchen in den Händen. Soldaten marschierten an Putin
und Kim, die auf einer Bühne standen, vorbei.

Das russische Staatsfernsehen zeigte Bilder von Menschen, die entlang einer
Straße standen, um die Delegation aus Moskau zu bejubeln. Über eine Strecke von
30 Kilometern stünden die Menschen auf beiden Seiten der Straße, sagte ein
Reporter. Kim und Putin fuhren auch stehend in einem Wagen an den jubelnden
Menschenmengen vorbei. Der Kremlchef schenkte seinem Gastgeber erneut ein Auto
der russischen Luxusmarke Aurus, die dem Präsidenten auch als Staatskarosse
dient.

"Aufbau einer neuen multipolaren Welt"

Die Zusammenarbeit beider Länder wird auch als Versuch gesehen, eine
gemeinsame Front gegen die USA aufzubauen. "Das ist ein gewaltiger Vertrag",
sagte Kim Jong Un über das russisch-nordkoreanische Abkommen. Es leite eine neue
Epoche ein. Die Zusammenarbeit in politischen, militärischen, wirtschaftlichen
und anderen Fragen sei friedlich und auf Verteidigung der Interessen beider
Staaten ausgerichtet, betonte er. "Ich habe keinen Zweifel daran, dass er zu
einer treibenden Kraft beim beschleunigten Aufbau einer neuen multipolaren Welt
wird", sagte der Machthaber.

Putin sprach sich auch dafür aus, die UN-Sanktionen gegen Nordkorea zu
beenden, und sicherte Kim Hilfe zu, dem Druck durch die internationalen
Strafmaßnahmen zu widerstehen. "Wir wehren uns weiter gegen die Praxis eines
Strangulierens durch Sanktionen als ein Instrument, das der Westen zu nutzen
pflegt, um seine Hegemonie in der Politik, in der Wirtschaft und anderen Sphären
aufrechtzuerhalten", sagte Putin.

Putin sagte, der neue Vertrag mit Nordkorea solle die Sicherheitslage in der Region verbessern. Zugleich warf er den USA eine Politik der Konfrontation vor -
mit einer Ausweitung der militärischen Infrastruktur und den Manövern, an denen
auch Südkorea und Japan beteiligt sind. Solche Schritte gefährdeten Frieden und
Stabilität und seien eine Bedrohung für die Sicherheit im asiatischen Raum.

Das letzte Mal war Putin im Jahr 2000 in Nordkorea, damals wurde er noch von Kims Vater Kim Jong Il empfangen. Nach einer längeren Auszeit im Verhältnis
wurden die Beziehungen zuletzt deutlich ausgebaut - nicht zuletzt wegen des
Kriegs gegen die Ukraine. So hat Putin Kim im vergangenen Herbst in Russlands
Fernem Osten empfangen. Damals war der nordkoreanische Diktator mit seinem
gepanzerten Privatzug angereist. Bei dem damaligen Treffen auf dem
Weltraumbahnhof Wostotschny in der Amur-Region betonten beide Seiten ihre
Bereitschaft zu einer Vertiefung der Kooperation - ausdrücklich auch im
militärtechnischen Bereich.

"Außenpolitischer Partner Nummer eins"

Für Nordkorea geht es Experten zufolge bei der Kooperation mit Moskau mehr
als um mögliche Waffengeschäfte. Demnach will sich Kim verstärkt gegen die
wachsende Militärkooperation der USA mit Südkorea und Japan aufstellen und sich
über Russland im UN-Sicherheitsrat ein Schutzschild gegen die internationalen
Sanktionen verschaffen.

"Die Militärkooperation allein ist schon ein großer Gewinn", sagt die
Leiterin der auf Nordkorea spezialisierten Nachrichtenseite "38 North" des
Stimson Center in den USA, Jenny Town. Die eigenen Ziele könnten so in größerem
Tempo erreicht werden. Russland hatte im März sein Veto gegen eine UN-Resolution
eingelegt, wodurch die Überwachung der Sanktionen gegen Nordkorea durch
UN-Experten verlängert werden sollte. China enthielt sich damals. "Ich denke,
Nordkorea sieht Russland jetzt als außenpolitischen Partner Nummer
eins."/mau/DP/jha

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