21.05.2024 14:41:39 - dpa-AFX: POLITIK/Neue Statistik: Beauftragter beklagt mehr Angriffe auf queere Menschen

BERLIN (dpa-AFX) - Vor dem Hintergrund der aktuellen Zahlen zur
Hasskriminalität in Deutschland beklagt der Queerbeauftragte Sven Lehmann auch
einen deutlichen Anstieg der Angriffe gegen queere Menschen. "Jeden Tag werden
im Schnitt mindestens sechs Angriffe auf Lesben, Schwule, Bisexuelle, trans- und
intergeschlechtliche sowie andere queere Menschen registriert", erklärte Lehmann
mit Verweis auf die am Dienstag von Innenministerium und Bundeskriminalamt (BKA)
vorgestellte Statistik zu politischer Kriminalität. Demnach hat es im
Zusammenhang mit sexueller Orientierung im vergangenen Jahr 1499 Straftaten -
davon 288 Gewaltdelikte - gegeben. Das entspricht laut Lehmanns Büro einem
Anstieg von knapp 50 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Auch im Feld
"geschlechtliche Diversität" hätten sich die gemeldeten Straftaten mit 854
Delikten - davon 115 Gewaltvorfälle - verdoppelt.

Innenministerium und BKA hatten am Dienstagfrüh die neuen Zahlen
veröffentlicht. Die Dimension der polizeibekannten politisch motivierten
Straftaten hat demnach mit 60 028 Delikten 2023 den höchsten Stand seit der
Einführung der Statistik 2001 erreicht.

Lehmann betonte, dass es sich bei seiner Community um eine "verwundbare
Gruppe" handele. Es gebe hierzulande politische Kräfte, die gegen die
LGBTIQ-Community mobilisieren würden. Die englische Abkürzung LGBTIQ steht für
Lesben, Schwule, Bisexuelle, Transmenschen, intergeschlechtliche sowie queere
Menschen. "Gezielt geschürter Hass auf Regenbogenflaggen, Kampagnen gegen den
Pride-Monat oder tagtägliche Angriffe auf das Selbstbestimmungsgesetz ermutigen
Menschen, ihre Vorurteile und ihren Hass auch gewalttätig auszuleben", erklärte
Lehmann.

Die Statistik zeige aber auch, dass mehr Menschen Delikte zur Anzeige
bringen. Die Prävention, Erfassung und Bekämpfung queerfeindlicher
Hasskriminalität müsse flächendeckend ausgebaut werden, forderte Lehmann.
Menschenfeindliche Taten seien "kein Kavaliersdelikt".

Der Queerbeauftragte warb in diesem Zusammenhang erneut für eine
Grundgesetz-Änderung, die aus seiner Sicht den expliziten Schutz der
LGBTIQ-Community vor Diskriminierung sicherstelle. Dafür solle die Verfassung in
Artikel 3 um den Punkt "sexuelle Identität" als speziellen
Antidiskriminierungsgrund ergänzt werden.

Die Hürden für eine solche Änderung sind generell sehr hoch. Dafür müsste
eine Zwei-Drittel-Mehrheit in Bundestag und Bundesrat zustande kommen - was
derzeit als unwahrscheinlich gilt./faa/DP/ngu

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