24.06.2024 15:10:59 - dpa-AFX: ROUNDUP/Schwesig in Kiew: 'Die Ukraine muss diesen Krieg gewinnen'

KIEW (dpa-AFX) - Als erste Bundesratspräsidentin ist Mecklenburg-Vorpommerns
Regierungschefin Manuela Schwesig in die Ukraine gereist und hat dem von
Russland angegriffenen Land die Solidarität aller 16 Bundesländer zugesichert.
"Die Ukraine muss diesen Krieg gewinnen und es darf überhaupt nicht sein, dass
Russland mit dieser Aggression durchkommt", sagte die SPD-Politikerin am Montag
schon auf der Zugfahrt in die ukrainische Hauptstadt. Ihre Reise solle auch dem
zunehmenden Widerstand gegen die Ukraine-Hilfe gerade in Ostdeutschland etwas
entgegensetzen. Ihre Aufgabe als Ministerpräsidentin sei es, den Kurs der
Bundesregierung auch gegen solche Stimmungen zu verteidigen.

Persönliche Zeitenwende nach dem Angriff auf die Ukraine

Schwesig ist seit dem 1. November 2023 für ein Jahr Präsidentin des
Bundesrats und hat damit das vierthöchste Staatsamt nach dem Bundespräsidenten,
der Bundestagspräsidentin und dem Bundeskanzler inne. Die russische Invasion in
der Ukraine, die für Deutschland insgesamt eine Zäsur in den Beziehungen mit
Russland bedeutete, führte für Schwesig zu einer persönlichen Zeitenwende: Auch
nach der russischen Annexion der Krim 2014 galt die SPD-Politikerin noch als
treue Russland-Freundin, setzte sich vehement für die Vollendung der Gaspipeline
Nord Stream 2 ein, stemmte sich gegen Russland-Sanktionen und veranstaltete
deutsch-russische Wirtschaftskonferenzen. Der frühere ukrainische Botschafter
Andrij Melnyk sagte einmal über sie, er würde ihr nie die Hand geben.

Partnerschaft mit Tschernihiw statt St. Petersburg

Erst nach dem russischen Angriff vor gut zwei Jahren vollzog Schwesig eine
Kehrtwende und nannte ihr damaliges Engagement für Nord Stream 2 einen Fehler.
Statt der früheren Partnerschaft mit dem russischen St. Petersburg hat
Mecklenburg-Vorpommern heute eine mit Tschernihiw nördlich von Kiew. 100 000
Euro werden jährlich in den Landeshaushalt eingestellt, um Hilfsprojekte dort
mitzufinanzieren. Mecklenburg-Vorpommern ist das erste ostdeutsche Flächenland,
das eine solche Partnerschaft eingegangen ist. Bundesweit sind es insgesamt
acht.

Russland-Vergangenheit kein Thema bei Gesprächen

Die Russland-Vergangenheit Schwesigs scheint für die Ukraine inzwischen
abgehakt zu sein. In Kiew wurde die SPD-Politikerin von Ministerpräsident Denys
Schmyhal, Parlamentspräsident Ruslan Stefantschuk und Kiews Bürgermeister Vitali
Klitschko mit offenen Armen empfangen. Schmyhal sprach anschließend von einem
"wichtigen Besuch". Er dankte Deutschland für die Solidarität und würdigte die
Wiederaufbaukonferenz in Berlin vor knapp zwei Wochen und die Lieferung
deutscher Patriot-Flugabwehrsysteme. Schwesigs Russland-Vergangenheit spielte
nach Teilnehmerangaben keinerlei Rolle in den Gesprächen.

"Die Ukraine muss sich verteidigen können"

Mit ihrem Bekenntnis, dass die Ukraine den Krieg gewinnen muss, ging
Schwesig weiter als Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD). Der sagt lediglich,
Russland dürfe den Krieg nicht gewinnen und die Ukraine dürfe ihn nicht
verlieren. Schwesig warb in Kiew neben humanitärer und finanzieller Hilfe auch
für weitere Waffenlieferungen, damit das Land sich besser gegen die russischen
Angreifer schützen kann. "Die Ukraine muss sich verteidigen können und vor allem
muss die Ukraine ihre Bevölkerung, ihre Familien schützen können." Schwesig hob
die Flugabwehrsysteme hervor, von denen Deutschland bereits zwei geliefert und
ein drittes versprochen hat, das noch im Juni im Kriegsgebiet eintreffen soll.
"Die Ukraine ist von Russland brutal angegriffen worden, wir stehen an der Seite
der Menschen", sagte sie.

Schwesig besuchte während des Deutschlandaufenthalts von Wolodymyr Selenskyj vor zwei Wochen mit dem ukrainischen Präsidenten ukrainische Soldaten, die auf
einem Truppenübungsplatz in Mecklenburg-Vorpommern ausgebildet werden. Ob ein
Treffen mit Selenskyj während ihres Besuch in Kiew zustande kommt, war am
Montagnachmittag noch unklar./mfi/DP/mis

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