21.05.2024 05:42:32 - dpa-AFX: POLITIK: Kanalinsel Jersey will über Sterbehilfe abstimmen

SAINT HELIER (dpa-AFX) - Auf der Kanalinsel Jersey soll in dieser Woche über
Sterbehilfe abgestimmt werden. Bei einer Bürgerversammlung hatten sich 2021 mehr
als drei Viertel dafür ausgesprochen. Das Parlament hatte daraufhin noch im
selben Jahr beschlossen, Sterbehilfe grundsätzlich zu erlauben.

Nun wollen die Abgeordneten über ein Gesetz beraten. Die Debatte in der
States Assembly soll am (heutigen) Dienstag beginnen. "Alles deutet darauf hin,
dass die Mehrheit der Menschen dies tatsächlich will", sagte Jerseys
Gesundheitsminister Tom Binet der britischen Nachrichtenagentur PA. Mit den
nötigen Abstimmungen rechnet er aber nicht vor Mittwoch.

Jersey ist kein Teil des Vereinigten Königreichs, sondern untersteht als
sogenannter Kronbesitz direkt dem Königshaus. Die Insel entscheidet
selbstständig etwa über Justizfragen und Steuern. London ist für die Außen- und
Verteidigungspolitik verantwortlich.

Insgesamt fünf Voten stehen an

Geplant sind fünf Abstimmungen. Dabei geht es darum, ob Sterbehilfe für
erwachsene Bewohner möglich sein soll, die sich freiwillig und informiert für
den Tod entschieden haben. In einem zweiten Votum wird entschieden, ob die
Erlaubnis nur für unheilbar kranke Menschen mit einer Lebenserwartung von sechs
oder zwölf Monaten gelten soll.

Eine weitere Abstimmung konzentriert sich auf die Frage, ob der Dienst
jemandem mit einer unheilbaren körperlichen Erkrankung offen stehen soll, die
unerträgliches Leid bereitet. Diskutiert wird zudem, ob Ärztinnen und Ärzte das
Recht haben, Sterbehilfe zu verweigern. Schließlich geht es um Mindestfristen
zwischen dem ersten formellen Antrag auf Sterbehilfe und der Umsetzung.

Lange Zeit bis zu praktischer Umsetzung erwartet

Bis Sterbehilfe tatsächlich auf der Insel vor der französischen Küste
möglich ist, dürfte es aber noch einige Jahre dauern. Die Annahme eines Gesetzes
wird nicht vor Ende 2025 erwartet. Anschließend ist mit einer Umsetzungsfrist
von weiteren 18 Monaten zu rechnen. Das Gesetz dürfte also frühestens im Sommer
2027 in Kraft treten.

Jersey ist nicht der einzige Teil der britischen Inseln, in dem über
Sterbehilfe diskutiert wird. Auch auf der Isle of Man in der Irischen See,
ebenfalls ein Kronbesitz, sowie in Schottland werden derzeit ähnliche
Gesetzesvorschläge diskutiert. Die britische Regierung will "die praktischen
Auswirkungen der Gesetzgebung in benachbarten Gerichtsbarkeiten auf England und
Wales" prüfen.

Oppositionsführer Keir Starmer, dessen Labour-Partei aktuellen Umfragen
zufolge nach der kommenden Parlamentswahl die Regierung übernehmen könnte, hatte
angekündigt, im Falle eines Wahlsiegs Sterbehilfe zu legalisieren./bvi/DP/zb

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