19.05.2024 17:04:28 - dpa-AFX: VERMISCHTES/ROUNDUP 2: Hochwasserlage entspannt sich

(mehr Details zu Weltkriegsbomben, Unwetter und THW, 1., 4. und 6. Absatz)

SAARBRÜCKEN (dpa-AFX) - Nach den Unwettern im Saarland und in
Rheinland-Pfalz hat sich die Lage weitestgehend entspannt und das große
Aufräumen begonnen. "Aktuell gibt es keine kritischen Entwicklungen mehr, obwohl
an einzelnen Schwerpunkten noch viele Einsätze laufen", sagte ein Sprecher des
saarländischen Innenministeriums am Sonntag. "Die Pegelstände fallen nahezu
überall." Allerdings warnen Meteorologen vor neuen Unwettern und viel Regen in
der kommenden Woche. Auch am Sonntag gab es mancherorts Gewitter.

Enorme Regenmengen hatten im Saarland und in Rheinland-Pfalz am Freitag und
in der Nacht zu Samstag für Überflutungen, Erdrutsche und vollgelaufene Straßen
und Keller gesorgt. Allein in Rheinland-Pfalz gab es weit über 1000 Einsätze.
"In den vergangenen 48 Stunden haben wir ein großes und flächendeckendes
Hochwasser erlebt", sagte Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) am Sonntag. "Das
Schadensausmaß an Gebäuden und Verkehrsinfrastruktur können wir erst
einschätzen, wenn die akuten Einsätze beendet sind." Aber auch hier hieß es: Die
Lage habe sich deutlich entspannt.

In Zell an der Mosel in Rheinland-Pfalz liefen am Sonntag die
Aufräumarbeiten. Menschen wateten mit Gummistiefeln durch das Wasser, Keller
wurden leergepumpt, Schäden beseitigt. Wer hier länger wohne, kenne sich schon
aus mit dem Hochwasser, sagte ein Anwohner. Ein griechischer Gastronom klagte,
dass nach seiner Erfahrung die Anzahl der Hochwasser in den vergangenen Jahren
zugenommen habe. Vermutlich liege es am Klima, sagte er. Viele seiner Kollegen
seien frustriert, weil die Unterstützung seitens der Politik fehle: "Wir
bekommen keinen Cent." Derweil sprach sich am Sonntag manch ein Politiker für
einen stärkeren Versicherungsschutz gegen die Folgen von Unwettern aus.

Im saarländischen Blieskastel wurde unterdessen die historische Altstadt mit Pumpen vom Wasser befreit. "Das Wasser steht dort noch stiefelhoch, die Lage ist
unter Kontrolle", sagte der Sprecher des Innenministeriums am Vormittag. In
einer Bundeswehrkaserne in Lebach, am Rande des Hochwassergebiets, wurde im Zuge
eines größeren Einsatzes gleich drei Weltkriegsbomben entschärft. "Das ist alles
gut und ohne Probleme abgelaufen", hieß es im Anschluss. Mehr als tausend
Menschen mussten vorübergehend ihre Wohnungen verlassen. In den Kommunen
Neunkirchen und Ottweiler waren einzelne Straßenzüge ohne Strom. Laut
Ministerium wird es noch ein, zwei Tage dauern, bis die Versorgung wieder
hergestellt ist.

Trotz der enormen Wassermassen - der Wetterdienst verzeichnete stellenweise
mehr als 100 Liter Regen pro Quadratmeter in nicht einmal 24 Stunden - ging es
mit Blick auf mögliche Verletzte oder Tote vorerst glimpflich aus. In
Saarbrücken war ein Mensch bei einem Rettungseinsatz verunglückt und musste
wiederbelebt werden. Die Person kam in stationäre Behandlung. Neue Meldungen
über den Gesundheitszustand wurden auch am Sonntag nicht bekannt. In
Rheinland-Pfalz wurde nach Regierungsangaben niemand verletzt.

Allein das Technische Hilfswerk (THW) war in beiden Bundesländern 1300
Einsatzkräften aus ganz Deutschland im Einsatz. "Mit gegenwärtig 30
Hochleistungspumpen werden die Wassermassen an verschiedenen Einsatzstellen
bekämpft. Diese können 400 000 Liter in der Minute abpumpen. Zum Vergleich fasst
ein 25 Meter langes Schwimmbecken gut 60 000 Liter", hieß es.

Die saarländische Landeshauptstadt Saarbrücken als Untere
Katastrophenschutzbehörde appellierte am Sonntag an alle Bürgerinnen und Bürger,
in den von Hochwasser betroffenen Gebieten weiterhin achtzugeben und kein
unnötiges Risiko einzugehen. Die Bewohner der Stadt könnten ihren Sperrmüll
einfach am Straßenrand abstellen, dieser würde dann abgeholt werden.

In der Landeshauptstadt stand zwischenzeitlich die Stadtautobahn unter
Wasser und musste gesperrt werden. Auch ein Kohlekraftwerk im Saarland war
überflutet worden, wie mehrere Medien berichteten. Der Bahnverkehr kam zeitweise
zum Erliegen. Im Verlauf des Samstags konnte aber auch dieser wieder anrollen.

Am Samstag machte sich auch Bundeskanzler Olaf Scholz gemeinsam mit der
saarländischen Ministerpräsidentin Anke Rehlinger ein Bild von der Lage vor Ort.
In Gummistiefeln sprachen die beiden SPD-Politiker unter anderem in
Kleinblittersdorf mit Betroffenen. Innenministerin Nancy Faeser (SPD) versprach
derweil Hilfe: "Der Bund unterstützt insbesondere das Saarland mit starken
Kräften, um nach den schweren Überflutungen Menschenleben zu schützen und die
Zerstörung durch die Wassermassen so weit wie möglich zu begrenzen."

Mit Bangen schauen sicher viele Bewohner auf die Wettervorhersagen für die
kommende Woche: "Interessant wird es am Dienstag", sagte Meteorologe Markus Übel
vom Deutschen Wetterdienst (DWD) am Sonntag in Offenbach. Dann entwickelten sich
erneut teils kräftige Regenfälle, "die aus heutiger Sicht vor allem den
Südwesten des Landes erfassen." Nach Angaben der Meteorologen war eine exakte
Vorhersage schwierig, da die genauen Schwerpunkte sowie die Regenmengen von den
Modellen noch sehr unterschiedlich berechnet würden. Aber: "Wahrscheinlich
werden Teile von Rheinland-Pfalz, dem Saarland und Baden-Württemberg betroffen
sein."

Zwar seien die berechneten Regenmengen nicht so hoch wie am vergangenen
Freitag, allerdings komme der größte Teil des Regens innerhalb von sechs bis
zwölf Stunden vom Himmel, sagte Übel. Und sollten das Saarland und die Pfalz
erneut im Schwerpunkt der Regenfälle liegen, müsse dort wieder mit steigenden
Pegelständen und möglicherweise auch mit Hochwasser und Überschwemmungen
gerechnet werden./jto/DP/he

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