25.06.2024 15:13:10 - dpa-AFX: ROUNDUP: Bund muss zusätzliche Milliarden zur Ökostrom-Förderung schultern

BERLIN (dpa-AFX) - Die Kosten für die staatliche Förderung der erneuerbaren
Energien aus Wind und Sonne drohen aus dem Ruder zu laufen. Die Bundesregierung
muss in diesem Jahr Mehrkosten von rund neun Milliarden Euro schultern. Das geht
aus einem Schreiben von Finanzstaatssekretär Florian Toncar (FDP) an Helge Braun
(CDU) hervor, den Vorsitzenden des Haushaltsausschusses des Bundestages. Das
Schreiben lag der Deutschen Presse-Agentur vor. Zuvor hatten die "Bild"-Zeitung
und das "Handelsblatt" darüber berichtet.

Regierung muss EEG-Konto ausgleichen

Das Bundeswirtschaftsministerium beantragte laut Schreiben eine
überplanmäßige Ausgabe von 8,769 Milliarden Euro. Die Mittel dienen der
Förderung erneuerbarer Energien. Dafür ist nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz
(EEG) ein Konto eingerichtet, das von den Übertragungsnetzbetreibern geführt
wird.

Das EEG fördert die Nutzung von Ökostrom durch Einspeisevergütungen an die
Anlagenbetreiber. Auch private Haushalte bekommen eine Vergütung, wenn sie zum
Beispiel eine Solaranlage auf dem Dach haben und Strom ins öffentliche Netz
einspeisen. Das EEG war im Jahr 2000 beschlossen worden, um den Ausbau des
Ökostroms zu fördern.

Früher wurden Differenzen zwischen Ausgaben und Einnahmen von den
Stromkunden über die EEG-Umlage finanziert. Diese Umlage über die Stromrechnung
wurde abgeschafft, um Stromkunden zu entlasten. Die Mittel zum Ausgleich des
EEG-Kontos kommen nun durch einen Zuschuss des Bundes, konkret aus dem Klima-
und Transformationsfonds - einem Sondertopf.

Sinkende Börsenstrompreise vergrößern Finanzlücke

Wegen eines sinkenden Preisniveaus im Stromgroßhandel wird die Differenz
zwischen den Einnahmen aus dem Verkauf des Ökostroms und den EEG-Vergütungen
immer größer. Je niedriger der Strompreis an der Strombörse, desto niedriger
sind die Einnahmen der erneuerbaren Energien - entsprechend höher ist der
EEG-Finanzierungsbedarf.

Toncar schrieb, die stark rückläufige Entwicklung der Strompreise und der
damit einhergehende hohe Finanzierungsbedarf sei zum Zeitpunkt der
Verabschiedung des Haushalts 2024 nicht vorhergesehen gewesen. Nach aktuellem
Stand seien die Mittel auf dem EEG-Konto bereits jetzt nahezu vollständig
aufgebraucht. Bislang seien 9,8 Milliarden Euro der verfügbaren Mittel in Höhe
von 10,6 Milliarden Euro ausgezahlt.

Stefan Kapferer, Chef des Übertragungsnetzbetreibers 50Hertz, sagte: "Den
gesetzlich vorgeschriebenen Ausgleich aus dem Bundeshaushalt begrüßen wir.
Mittelfristig muss ein Weg gefunden werden, damit verlässlich EEG-Mittel aus
Bundesmitteln zur Verfügung stehen." Die Betreiber der Stromübertragungsnetze
hatten bereits im Januar vor einer "fehlenden Liquidität" auf dem EEG-Konto ab
Juli gewarnt.

Das Bundeswirtschaftsministerium erklärte, derzeit liefen Gespräche zum
Haushalt. Dabei spiele auch die Finanzierung des Klima- und Transformationsfonds
(KTF) und damit des EEG-Kontos eine Rolle.

Lindner will Reform

Finanzminister Christian Lindner (FDP) sprach am Dienstag beim Tag der
Industrie in Berlin von schätzungsweise 19 Milliarden Euro an Subventionen aus
dem EEG in diesem Jahr. "Das EEG kommt aus einer Zeit, als Erneuerbare eine
Nische waren. Heute ist das ein Massenmarkt, der insbesondere bei der Anlage auf
dem Dach auch ohne Subvention funktioniert und deshalb brauchen wir da ein
Update."

FDP-Fraktionsvize Christoph Meyer sagte: "Die Steuerzahler müssen vor dem
Kostenrisiko der garantierten Einspeisevergütung bei den erneuerbaren Energien
geschützt werden. Die Dauersubventionierung der erneuerbaren Energien muss jetzt
auslaufen - die brauchen keine teuren, staatlich finanzierten Preisgarantien
mehr.

Die Präsidentin des Bundesverbands Erneuerbare Energie, Simone Peter, sagte: "Die Ampel muss jetzt die Kraft aufbringen, eine grundlegende Reform des
Strommarktes in Gang bringen." Der Unions-Chefhaushälter Christian Haase sagte:
"Hätte sich die Ampel bereits bei der Haushaltsaufstellung ehrlich gemacht,
müssten die Bürgerinnen und Bürger jetzt nicht um Fördergelder im KTF fürchten."

Kommt ein Nachtragshaushalt?

Das Bundesfinanzministerium hatte sich bereits die Möglichkeit eines
Nachtragshaushalts für dieses Jahr offengehalten. Weil die Konjunktur in
Deutschland schwächer als erwartet läuft, lässt die Konjunkturkomponente in der
Schuldenbremse eine größere Nettokreditaufnahme zu. Dabei könnte es um bis zu
elf Milliarden Euro gehen. Bisher ist für das laufende Jahr im Rahmen der
Schuldenbremse eine Nettokreditaufnahme von 39 Milliarden Euro
geplant./hoe/DP/jha

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