17.06.2024 17:46:48 - dpa-AFX: WDH/ROUNDUP: Staats-und Regierungschefs beraten über neues EU-Spitzenpersonal

(Entgegen Angaben auf offiziellen Webseiten der EU ist für die Nominierung
von der Leyens eine verstärkte qualifizierte Mehrheit und nicht nur eine normale
qualifizierte Mehrheit notwendig.)

BRÜSSEL (dpa-AFX) - Gut eine Woche nach der Europawahl beraten die Staats-
und Regierungschefs der Europäischen Union über das künftige Spitzenpersonal der
EU. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen erhofft sich nach dem Wahlerfolg
des Mitte-Rechts-Bündnisses EVP von dem Sondergipfel am Montagabend grünes Licht
für eine zweite Amtszeit. Die Führung der Kommission gilt als einer der
wichtigsten Posten in der EU: Die EU-Exekutive schlägt Gesetze vor und wacht
über die Einhaltung des gemeinsamen Rechts.

Damit von der Leyen eine zweite Amtszeit antreten kann, muss sie von den
Staats- und Regierungschefs mit verstärkter qualifizierter Mehrheit dem
Parlament als Kandidatin vorgeschlagen werden. Das heißt: Es müssen neben den 13
Staats- und Regierungschefs, die wie sie der EVP-Parteienfamilie angehören, noch
mindestens sieben weitere Chefs von großen Mitgliedstaaten für sie stimmen.
Zusätzlich muss der Vorschlag von Mitgliedstaaten unterstützt werden, die
zusammen mindestens 65 Prozent der Gesamtbevölkerung der EU ausmachen.

Für die anschließend notwendige Wahl im Europäischen Parlament ist sie
darüber hinaus auf die Unterstützung anderer Parteienfamilien wie den
Sozialdemokraten und Liberalen angewiesen, die bei der Europawahl hinter der EVP
zweit- und drittstärkste Kraft geworden sind. Diese dürften im Gegenzug
erwarten, andere Spitzenposten besetzen zu dürfen.

Bei dem als Abendessen geplanten Treffen der Staats- und Regierungschefs
wird auch über den künftigen Vorsitzenden des Europäischen Rates und den Posten
des EU-Außenbeauftragten verhandelt. Als möglicher Kandidat für den
Ratschef-Posten gilt derzeit der frühere portugiesische Regierungschef António
Costa. Als neue EU-Außenbeauftragte ist die estnische Regierungschefin Kaja
Kallas im Gespräch. Costa gehört wie Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) der
Parteienfamilie der Sozialisten und Sozialdemokraten an, Kallas ist wie der
französische Präsident Emmanuel Macron bei den Liberalen.

Scholz und Macron haben bislang noch nicht öffentlich gesagt, ob sie von der Leyen definitiv für eine zweite Amtszeit unterstützen. Scholz betonte aber, dass
es keinen Anlass gebe, sich zu lange mit der Entscheidung aufzuhalten und sprach
sich für einen möglichst zügigen Beschluss aus. Am Samstag sagte er beim
G7-Gipfel in Bari in einem Interview mit Welt TV und anderen Medien des
Axel-Springer-Konzerns: "Natürlich ist klar, dass nach dem Ergebnis der Wahlen
alles dafür spricht, dass es eine zweite Amtszeit geben kann von Ursula von der
Leyen." Auch der Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und FDP spreche nicht
dagegen.

Italiens rechte Ministerpräsidentin Giorgia Meloni hielt sich eine
Entscheidung zunächst offen. "Der Vorschlag ist Sache der EVP, und wenn er
vollständig vorliegt, werden wir unsere Bewertungen vornehmen", sagte sie zum
Abschluss des G7-Gipfels in Süditalien. Für sie sei wichtig, dass Italien in der
neuen Kommission "angemessen" berücksichtigt werde. Zudem müsse klar werden,
"dass Europa die Botschaft der Europawahlen verstanden hat".

Ende kommender Woche treffen sich die Staats- und Regierungschefs erneut in
Brüssel, diesmal zu einem regulären Gipfel. Im Idealfall ist die Personalplanung
dann schon unter Dach und Fach und muss nur noch formell bestätigt werden. Falls
nicht, dürften die Staats- und Regierungschefs noch weiter über die
Spitzenposten beraten.


## Berichtigung
- 2. Absatz, 2. und 3. Satz: Entgegen Angaben auf offiziellen

Webseiten der EU ist für die Nominierung von der Leyens eine

verstärkte qualifizierte Mehrheit und nicht nur eine normale

qualifizierte Mehrheit notwendig./rew/DP/ngu

© 2000-2024 DZ BANK AG. Bitte beachten Sie die Nutzungsbedingungen | Impressum
2024 Infront Financial Technology GmbH