02.07.2024 14:39:16 - dpa-AFX: ROUNDUP/Weiter Machtkampf: Aktionärstreff von H&K endet abrupt

ROTTWEIL (dpa-AFX) - Beim Waffenhersteller Heckler & Koch sorgt ein
Machtkampf zwischen zwei Großaktionären weiter für Unruhe. Nach einem Antrag des
Anwalts eines dieser Anteilseigner wurde die Hauptversammlung in Rottweil
abgebrochen. Grund war, dass die notwendige Anwesenheitspflicht von etwas mehr
als 50 Prozent des Grundkapitals nicht erreicht wurde. Daraufhin musste der
Aufsichtsratsvorsitzende Rainer Runte die bereits begonnene Versammlung
vorzeitig beenden. Nun muss sie binnen drei Monaten nachgeholt werden.

Quartalszahlen mit Gewinneinbruch

Unterdessen gab der größte Hersteller von Handfeuerwaffen Zahlen für das
erste Quartal 2024 bekannt: Während der Umsatz um 1,8 Millionen Euro auf 75,0
Millionen Euro stieg, sackte der Nettogewinn von 10,0 Millionen Euro im
Vorjahreszeitraum auf nur noch 2,4 Millionen Euro ab. Die Firma begründete die
Entwicklung mit saisonalen Schwankungen: Bei manchen Aufträgen hätten die
Abgabetermine und damit die Umsatz- und Gewinneffekte außerhalb des ersten
Quartals gelegen. Bei dem Aktionärstreff gab sich Firmenchef Jens Bodo Koch
optimistisch, dass der Wachstumskurs vergangener Jahre fortgesetzt werde. Man
werde 2024 im Vergleich zum Vorjahr beim Umsatz zweistellig wachsen und das
operative Ergebnis (Ebitda) werde über dem Vorjahreswert liegen, sagte der
Manager.

Großaktionäre streiten schon seit 2019

Den Aktionsclinch, der am Dienstag eskalierte und zum Abbruch der
Hauptversammlung führte, währt schon seit 2019, vor mehreren Gerichten ziehen
beide Seiten seither alle Register. Es geht um den deutschen Investor Andreas
Heeschen, der lange Zeit Mehrheitsaktionär des größten deutschen
Handfeuerwaffen-Herstellers gewesen war, und um die Luxemburger Finanzholding
CDE. Heeschen verpfändete der CDE nach Angaben der Finanzholding ab 2015
schrittweise insgesamt 15 Millionen Aktien für 163 Millionen Euro.

Zu einem bestimmten Zeitpunkt forderte die CDE die Herausgabe der Aktien.
Nach ihrem Rechtsverständnis gingen die Eigentums- und damit Stimmrechte Ende
2019 auf die CDE über. Heeschen sah das anders, er sah sich weiterhin als
Eigentümer der Aktien. Es begann ein Rechtsstreit vor dem Landgericht und
Oberlandesgericht Frankfurt. Weil Heeschen sich in dieser juristischen
Auseinandersetzung an den Bundesgerichtshof (BGH) wandte, gibt es bislang kein
rechtskräftiges Urteil.

Wegen dieser nicht final geklärten Rechtsfrage entschied der
Aufsichtsratsvorsitzende Runte, bei der Hauptversammlung ein strittiges
Aktienpaket über fast 40 Prozent des Grundkapitals nicht zur Abstimmung
zuzulassen - also weder der CDE noch Heeschen für das Votum zuzusprechen. Er
ging aber davon aus, dass sich Heeschen mit einem anderen, kleineren Aktienpaket
trotzdem an der Versammlung beteiligen würde. Weil dieser das nicht tat, waren
nur noch 48 Prozent des Grundkapitals bei dem Aktionärstreff vertreten.
Daraufhin zog Runte die Notbremse und brach die Hauptversammlung ab.

Vertreter der CDE waren verärgert über das Vorgehen des deutschen Investors. "Es zeigt, dass Herr Heeschen auf dem Rücken der Gesellschaft versucht, seine
angeblichen eigenen Ansprüche durchzusetzen, damit Kosten verursacht und unnötig
Ressourcen der Gesellschaft bindet", sagte CDE-Vertreter Andreas Gregor der dpa.
Er wies darauf hin, dass Heeschen seinen Verpflichtungen aus den Pfandverträgen
nicht nachgekommen sei. "Trotz Aufforderung hat er weder die Aktien übertragen
noch fristgerecht die Kredite getilgt, die seit Ende Juni 2022 fällig sind."

Bei der Hauptversammlung war Heeschen persönlich nicht dabei. Er hatte über
seinen Anwalt Oliver Krauß zwei Aufsichtsratsmitglieder, die für die CDE im
Aufsichtsrat sitzen, austauschen wollen. Dafür hätte er aber die Stimmrechte aus
dem 40-Prozent-Aktienpaket haben müssen. Das klappte nicht. Daraufhin ließ er
die ganze Hauptversammlung platzen.

Eckdaten zur Waffenschmiede

Heckler & Koch kam im vergangenen Jahr mit gut 1100 Beschäftigten auf einen
Jahresumsatz von 301,4 Millionen Euro, am Stammwerk in Oberndorf im nördlichen
Schwarzwald arbeiten circa 1000 Menschen. Zu den Konkurrenten gehören C.G.
Haenel aus Thüringen, Beretta aus Italien, FN aus Belgien und die tschechische
Waffenschmiede CZ, zu der wiederum die US-Firma Colt gehört. Der größte
H&K-Kunde ist die Bundeswehr, die in den kommenden Jahren insgesamt 120.000 neue
Sturmgewehre aus Oberndorf bekommen soll - dieser Großauftrag wird die Kassen
von H&K kräftig klingeln lassen./wdw/DP/mis

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