24.05.2024 14:52:57 - dpa-AFX: POLITIK/ROUNDUP 2: Anschlag auf Besucher einer Synagoge geplant? Mann in Haft

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STUTTGART (dpa-AFX) - Weil er einen tödlichen Anschlag auf Besucher einer
Synagoge geplant haben soll, ist ein 18-Jähriger aus Weinheim in
Baden-Württemberg verhaftet worden. Er soll sich mit einem weiteren jungen Mann,
der sich ebenfalls bereits in Haft befindet, im Netz über einen Messerangriff
auf Besucher einer Synagoge in Heidelberg ausgetauscht haben, wie die
Staatsanwaltschaften Stuttgart und Karlsruhe und das Landeskriminalamt am
Freitag mitteilten. "Als beabsichtigtes Ziel wurde die Tötung von ein oder
mehreren Besuchern beim Angriff auf die Synagoge mit einem anschließenden
Märtyrer-Tod besprochen, bei dem sich beide Personen von Einsatzkräften
erschießen lassen wollten", teilten die Behörden mit. Bei dem 18-Jährigen
handelt es sich um einen Deutsch-Türken. Der andere, 24 Jahre alte Mann ist laut
Polizei deutscher Staatsangehöriger.

Eine Hausdurchsuchung führte zur Aufdeckung der Pläne. Die Polizei
durchsuchte am 3. Mai die Wohnung des 24-Jährigen in Bad Friedrichshall im Kreis
Heilbronn - wegen des Verdachts der Vorbereitung einer schweren
staatsgefährdenden Gewalttat. Der 24-Jährige nahm während der Durchsuchung
plötzlich mehrere Küchenmesser an sich und flüchtete aus einem Fenster ins
Freie. Dort stellten ihn die Beamten. Statt die Messer abzulegen, bewarf er
demnach einen Beamten gezielt mit einem Messer und lief auf diesen zu. Der
Polizist schoss auf den 24-Jährigen und verletzte ihn. Dem in Untersuchungshaft
sitzenden Mann wird nun außerdem versuchter Totschlag und ein besonders schwerer
Fall des tätlichen Angriffs auf Einsatzkräfte vorgeworfen.

Der 24-Jährige soll möglicherweise für die Vorbereitung eines
Terroranschlags ins Ausland gereist sein. In dem Verfahren liege "ein
Sachverhalt im Zusammenhang mit einer möglichen Ausreise des Beschuldigten aus
dem Bundesgebiet zugrunde", hatte die Staatsanwaltschaft mitgeteilt. Weitere
Details wollten die Behörden nicht bekanntgeben. Ob es sich bei dem Terrorakt um
einen Angriff auf die Synagoge handelte, war zunächst unklar.

Bei der Auswertung der Beweismittel stießen die Ermittler dann den Angaben
nach auf einen Chatverlauf mit dem 18 Jahre alten Mann aus Weinheim. Die beiden
Männer sollen sich im April 2024 über einen möglichen Messerangriff auf Besucher
einer Synagoge in Heidelberg ausgetauscht haben. Einsatzkräfte des
Landeskriminalamts und Spezialkräfte durchsuchten daraufhin am 18. Mai die
Wohnung des 18-Jährigen. Der junge Mann sei unverletzt festgenommen worden und
sitze mittlerweile in Untersuchungshaft.

Hinweise auf eine unmittelbar bevorstehende Gefährdung von Besuchern der
Synagoge hätten sich nicht gegeben, so die Staatsanwaltschaft Karlsruhe. Man
habe früh genug eingegriffen, sagte ein Sprecher. Der Verdacht gegen den
18-Jährigen lautet nun auf Verabredung zum Mord.

"Ein Angriff auf jüdisches Leben in Deutschland ist immer auch ein Angriff
auf unsere Werte und damit ein Angriff auf uns alle", kommentierte der
baden-württembergische Innenminister Thomas Strobl (CDU) den Fall. Die Polizei
und das Landesamt für Verfassungsschutz hätten den Schutz jüdischen Lebens fest
im Blick. "Entscheidend ist: Die mörderische Tat gegen jüdisches Leben konnte
verhindert werden. So konnten wir frühzeitig einschreiten und eine mögliche Tat
verhindern." Man lasse nicht nach und trete Extremisten und Gewalttätern
konsequent entgegen. "Wir schützen jüdisches Leben im Land. Schlimm genug
freilich, dass in kranken Gehirnen solche Mordpläne gegen jüdisches Leben in
unserem Land entstehen."

Der Zentralrat der Juden in Deutschland begrüßte den Einsatz der Polizei.
Seit dem Anschlag auf die Synagoge in Halle im Oktober 2019 hätten Bund und
Länder das System der Sicherheitsvorkehrungen an Synagogen und anderen jüdischen
Einrichtungen überdacht und merklich verbessert, sagte ein Sprecher des
Zentralrats. "Wir haben Vertrauen in die Sicherheitsbehörden und der Fall in
Heidelberg zeigt uns leider erneut, wie notwendig ein solcher Schutz ist."

Die Synagoge in Heidelberg wurde 1994 eingeweiht. Laut der Jüdischen
Kultusgemeinde Heidelberg besteht die Gemeinde aus 420 Mitgliedern. Ein
Mitarbeiter bestätigte auf Nachfrage, dass die Staatsanwaltschaft die Gemeinde
über den Vorfall informiert habe, wollte sich aber nicht inhaltlich
äußern./poi/DP/ngu

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