16.05.2024 18:12:31 - dpa-AFX: KORREKTUR/ROUNDUP: 295 000 neue Wohnungen in Deutschland - Verschärfter Mangel

(Berichtigung: Geywitz statt ein Sprecher im 2. Abs., 1. Satz.)

BERLIN (dpa-AFX) - Trotz der Krise am Bau sind mit rund 295 000 neuen
Wohnungen in Deutschland vergangenes Jahr ähnlich viele fertiggestellt worden
wie im Jahr zuvor. Das erfuhr die Deutsche Presse-Agentur am Donnerstag aus
informierten Kreisen. Table.Media hatte zuerst darüber berichtet und sich auf
Branchenkreise mit Verweis auf aktuelle Zahlen des Statistischen Bundesamts
berufen. Die Bundesregierung hatte zu ihrem Start als Zielmarke 400 000 neue
Wohnungen pro Jahr ausgegeben.

Trotzdem sagte Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD): "Sollten sich die
nun vorab in den Medien genannten Zahlen bestätigen, wäre das eine starke
Leistung der Baubranche, die zeigt, dass die Branche stabil durch die Krise
kommt und Arbeitsplatzverluste vermieden werden." Veröffentlicht würden die
Baufertigstellungszahlen erst am kommenden Donnerstag vom Statistischen
Bundesamt.

Baubranche fordert niedrigere Grunderwerbsteuern

Bauvorhaben haben sich wegen des kräftigen Anstiegs der Kreditzinsen und der Baukosten in den vergangenen zwei Jahren stark verteuert. Die Grünen-Bauexpertin
Christina-Johanne Schröder nannte fast 300 000 neue Wohnungen "eine gute
Nachricht aus der Bau- und Immobilienwirtschaft nach dem Zinsschock". Die
Ampel-Koalition kämpfe gegen Wohnungsnot und explodierende Mieten. "Daher ist es
erfreulich, dass mehr Wohnungen gebaut wurden als angenommen."

Aus Sicht der Immobilienwirtschaft sollte "die Dramatik des Wohnungsmangels" jedoch nicht unterschätzt werden. "Wir sind noch nicht ansatzweise so weit, dass
Fertigungszahlen die immer größere Wohnungslücke aufholen"¸ sagte der Präsident
des Spitzenverbands der Immobilienwirtschaft ZIA, Andreas Mattner. Auch schlügen
einbrechende Zahlen bei Projektentwicklungen erst noch richtig durch. Die
Branche hatte erst im April über fehlende Neuaufträge und Stornierungen bereits
geplanter Projekte geklagt.

Mattner mahnte: "Je mehr sich der Staat in Zurückhaltung übt, desto
entschiedener können und werden Investoren beim Wohnungsbau zulegen." Der
ZIA-Präsident kritisierte Länder mit hohen Grunderwerbsteuern von bis zu 6,5
Prozent. Der Anteil staatlicher Vorgaben und Auflagen bei den Kosten für
Wohnungsneubau liege bei insgesamt 37 Prozent, beklagte Mattner.

Studie: 800 000 Wohnungen fehlen

Der ZIA hatte die Neubaulücke in Deutschland zuletzt auf 600 000 Wohnungen
beziffert und gewarnt, dass dieser Wert ohne Korrekturen auf bis zu 830 000
Wohnungen im Jahr 2027 steigen könnte. Nach einer Studie des
Bauforschungsinstituts Arge sind die Baukosten in den vergangenen vier Jahren
etwa in Großstädten um 42 Prozent gestiegen. Gleichzeitig zogen die Bauzinsen
an. Laut Arge fehlen in Deutschland schon heute etwa 800 000 Wohnungen - vor
allem bezahlbare.

In die nähere Zukunft blickt die Bau- und Ausbauwirtschaft allenfalls
verhalten. Nur um ein minimales Plus von 0,6 Prozent werde in diesem Jahr der
Umsatz zulegen, sagte der Vorsitzende der Bundesvereinigung Bauwirtschaft,
Marcus Nachbauer. Für das Bauhauptgewerbe rechnet der Verband mit einem
Umsatzrückgang von 4 Prozent. Das Minus im Bauhauptgewerbe liegt laut Nachbauer
an der sinkenden Nachfrage im Wohnungsneubau. Um fast 27 Prozent seien 2023 die
Baugenehmigungen für neue Wohnungen eingebrochen. Je bedeutender das
Geschäftsfeld Wohnungsneubau für einen Betrieb sei, umso größer sei dessen
Herausforderung.

Impulsgeber Energiewende

Als einen der besten Hebel, um den Wohnungsbau anzukurbeln, sieht Nachbauer
eine bessere Zinsstütze an. Ein Lichtblick sei der Bereich Gebäudetechnik und
Dienstleistungen. Hier werde ein Umsatzplus von 5 Prozent auf 195 Milliarden
Euro erwartet, begünstigt durch die Energiewende. "Impulsgeber im
Elektrotechnikerhandwerk sind Installation von Speicher- und Solaranlagen."

Nach dem Willen von Bauministerin Geywitz sollen Kommunen und Häuslebauer
künftig die jeweils passende klimafreundliche Energiequelle zum Heizen nutzen.
"Wichtig ist, dass man nicht potenzielle Energiequellen übersieht", sagte
Geywitz am Donnerstag in Berlin. Wärmepumpen seien eine Möglichkeit, aber nicht
passend für alle.

Geywitz bekräftigte, dass sie den eigentlich geplanten erhöhten
Effizienzstandard - EH40 genannt - kritisch sehe. EH40 heißt: ein Bedarf von 40
Prozent der Energie eines Vergleichsgebäudes. Das einzuhalten, erfordere oft
teure, aufwendige Baumaßnahmen. Besser ist es nach Ansicht von Geywitz die
sogenannte Lebenseffizienz eines Gebäudes zu betrachten. Dies tue das bestehende
staatliche Qualitätssiegel "Nachhaltiges Gebäude"./bw/DP/men

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