24.05.2024 15:31:14 - dpa-AFX: WDH/POLITIK/ROUNDUP: Empörung über rassistisches Gegröle vor Sylter Lokal

(Korrigiert wurde: Oberpfalz nicht Niederbayern)

BERLIN/SYLT (dpa-AFX) - Ein auf Video aufgenommener rassistischer Vorfall
auf Sylt hat bundesweit Empörung ausgelöst. In der kurzen Sequenz, die in
sozialen Medien verbreitet wurde, sind junge Menschen zum Party-Hit "L'amour
Toujours" von Gigi D'Agostino vor einem Lokal zu hören und zu sehen. Es handelt
sich um das Nobel-Lokal Pony in Kampen. Die Beteiligten grölen "Ausländer raus"
und "Deutschland den Deutschen". Es ist nicht der erste Vorfall dieser Art mit
dem Lied in Deutschland. Polizei und Staatsanwaltschaft ermitteln.

Die Betreiber des Pony distanzierten sich in der Nacht zu Freitag von den
Gästen und kündigten Konsequenzen an. Sie erklärten auf Instagram, sie seien
"tief schockiert". "Wir distanzieren uns von jeder Art von Rassismus und
Diskriminierung. Hätten wir von dem Vorfall gewusst, hätten wir die betreffenden
Gäste selbstverständlich des Hauses verwiesen. Es gibt keinen Platz für
Rassismus!!!", schrieben die Betreiber auf Instagram.

Der Vorfall am späten Nachmittag des Pfingstsamstags auf der Terrasse des
Lokals sei von Überwachungskameras mit Ton aufgezeichnet worden, sagte Inhaber
Tim Becker der Deutschen Presse-Agentur am Freitag. Man habe die Namen aller
fünf Beteiligten an die Polizei gegeben. Auch die Überwachungsaufnahme sei der
Polizei übermittelt worden. Ähnliche Vorfälle habe es im Pony bisher nicht
gegeben, sagte Becker. Eine Konsequenz sei, dass "L'amour Toujours" künftig
nicht mehr gespielt werde. Die fünf Beteiligten bekommen nach Beckers
Überzeugung nicht nur im Pony lebenslanges Hausverbot. "Auf Sylt brauchen die
sich gar nicht mehr blicken lassen. Wir haben ganz viele befreundete
Gastronomen." Man prüfe zivilrechtliche Ansprüche gegen die Beteiligten.

Das Fachkommissariat für Staatsschutz der Polizei nahm Ermittlungen wegen
Volksverhetzung und des Verwendens verfassungswidriger Kennzeichen auf. Neben
den Parolen gebe es auch den Verdacht, dass ein Beteiligter den Hitlergruß
gezeigt habe, teilte die Polizei mit. Die Staatsanwaltschaft Flensburg
bestätigte Ermittlungen gegen die Verdächtigen.

Der Vorfall auf Sylt wirft aus Sicht von Bundesinnenministerin Nancy Faeser
ein schlechtes Licht auf das ganze Land. "Wer Nazi-Parolen wie "Deutschland den
Deutschen - Ausländer raus" grölt, ist eine Schande für Deutschland", sagte die
SPD-Politikerin den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Es stelle sich die Frage,
"ob wir es hier mit Menschen zu tun haben, die in einer wohlstandsverwahrlosten
Parallelgesellschaft leben, die die Werte unseres Grundgesetzes mit Füßen
tritt."

Die Antirassismusbeauftragte der Bundesregierung, Reem Alabali-Radovan,
äußerte sich schockiert über das Video. Dies sei ein Fall für die Polizei und
die Strafgerichte, sagte sie am Freitag der dpa. Die Unabhängige
Bundesbeauftragte für Antidiskriminierung, Ferda Ataman sagte der dpa, "diese
unverhohlene "Ausländer-raus-Stimmung" erleben wir auch in unserer Beratung,
Menschen werden diskriminiert und herabgewürdigt". "Das ist blanker Rassismus,
der sich immer weiter in alle Milieus und Altersgruppen hineinfräst und offen
ausgelebt wird", erklärte Ataman.

Die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister der Sylter Gemeinden stellten sich
mit klaren Worten gegen die rassistischen Gesänge. "Wir haben für diese Gesänge
null Toleranz. Dieses Verhalten ist für uns abstoßend und vollkommen
inakzeptabel. Wir dulden das nicht", sagten sie laut Mitteilung.

Es ist nicht das erste Mal, dass es im Zusammenhang mit dem Song "L'amour
Toujours" zu rassistischen Ausfällen gekommen ist. In der Oberpfalz ermittelte
die Polizei nach einem möglichen Vorfall bei einem Faschingszug im Januar. Bei
der Veranstaltung in Stulln (Landkreis Schwandorf) habe eine Gruppe von
Zuschauern "Ausländer raus" skandiert, als von einem Wagen das Lied von Gigi
D'Agostino gespielt wurde, sagte ein Zeuge örtlichen Pressevertretern. Zuvor
hatten ähnliche Vorfälle unter anderem in Landsberg am Lech in Oberbayern
Ermittler auf den Plan gerufen. Dort sollen mehrere Menschen auf einem Zugwagen
zu dem Lied ebenfalls "Ausländer raus" skandiert haben. Die Polizei ermittelte
wegen des Verdachts der Volksverhetzung und suchte nach Zeugen.

Auch in Schleswig-Holstein nahm die Staatsanwaltschaft in einem ähnlichen
Fall Ermittlungen auf. Laut Polizei war dort am 17. Januar eine Anzeige
eingegangen, nachdem in einer Diskothek zu dem Lied Besucher "Ausländer raus"
gesungen hätten. Der Vorfall soll sich am 7. Januar ereignet haben./hme/DP/ngu

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