03.07.2024 10:57:51 - dpa-AFX: POLITIK: Teilnahme an Potsdamer Treffen kein Grund für Kündigung

KÖLN (dpa-AFX) - Allein die Teilnahme an dem Potsdamer Treffen über
"Remigration" rechtfertigt nach einem Gerichtsurteil noch keine außerordentliche
Kündigung. Die von der Stadt Köln ausgesprochene Kündigung gegen Simone Baum,
eine der Teilnehmerinnen des Treffens, sei unwirksam, entschied das
Arbeitsgericht Köln laut einer Mitteilung. Gegen das Urteil kann Berufung beim
Landesarbeitsgericht Köln eingelegt werden.

Die 64-Jährige ist seit dem Jahr 2000 bei der Stadt Köln beschäftigt und war zuletzt zentrale Ansprechpartnerin für das Beschwerdeamt im Umwelt- und
Verbraucherschutzamt. Am 25. November vergangenen Jahres hatte sie an dem
Treffen in Potsdam teilgenommen, woraufhin die Stadt mehrere außerordentliche
Kündigungen ausgesprochen hatte. Die Stadt begründete das damit, dass Baum durch
die Teilnahme an dem Treffen mit mutmaßlich rechtsextremen Teilnehmern und der
Diskussion von Remigrationsplänen gegen ihre Loyalitätspflicht gegenüber ihrem
Arbeitgeber verstoßen habe.

Keine gesteigerte politische Treuepflicht

Das Arbeitsgericht entschied jedoch, dass allein die Teilnahme noch keine
außerordentliche Kündigung rechtfertige. Aus der Teilnahme lasse sich noch nicht
ableiten, dass sich Baum "in innerer Übereinstimmung mit dem Inhalt der Beiträge
befunden" habe. Ein Eintreten für verfassungsfeindliche Ziele etwa durch
Wortbeiträge ihrerseits sei ihr nicht vorgeworfen worden.

Das Gericht sah bei Baum außerdem nur eine sogenannte einfache und keine
gesteigerte politische Treuepflicht. Das Maß an Loyalität und Treue zum
öffentlichen Arbeitgeber sei von der Stellung und dem Aufgabenkreis des
jeweiligen Arbeitnehmers abhängig. Danach schuldet ein Arbeitnehmer lediglich
ein solches Maß an Loyalität, "das für die funktionsgerechte Verrichtung seiner
Tätigkeit unabdingbar" sei. Diese einfache Treuepflicht werde erst durch ein
Verhalten verletzt, das darauf ausgerichtet sei, verfassungsfeindliche Ziele
aktiv zu fördern oder zu verwirklichen.

Die Stadt Köln hat noch nicht entschieden, ob sie gegen das Urteil in
Berufung gehen wird. "Sobald das mit den Urteilsgründen versehene Urteil
zugestellt wird, wird es insbesondere im Hinblick auf die Erfolgsaussichten
eines Berufungsverfahrens geprüft", teilte eine Sprecherin mit. Ein Vergleich
zwischen den beiden Parteien war zuvor nicht zustande gekommen.

Über das Treffen radikaler Rechter in Potsdam hatte das Medienhaus Correctiv berichtet. An der Konferenz hatten auch AfD-Politiker sowie einzelne Mitglieder
der CDU und der sehr konservativen Werteunion teilgenommen. Der frühere Kopf der
Identitären Bewegung in Österreich, Martin Sellner, hat der Deutschen
Presse-Agentur bestätigt, dass er bei dem Treffen über "Remigration" gesprochen
hat. Wenn Rechtsextremisten diesen Begriff verwenden, meinen sie in der Regel,
dass eine große Zahl von Menschen ausländischer Herkunft das Land verlassen soll
- auch unter Zwang. Laut Correctiv nannte Sellner drei Zielgruppen:
Asylbewerber, Ausländer mit Bleiberecht und "nicht assimilierte
Staatsbürger"./cd/DP/jha

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