21.06.2024 10:52:06 - dpa-AFX: POLITIK/Asylverfahren in Drittstaaten: Grüne sprechen von 'Scheinlösungen'

BERLIN (dpa-AFX) - Die Grünen sehen den Bund-Länder-Beschluss, die
Möglichkeit einer Auslagerung von Asylverfahren in Drittstaaten weiter zu
prüfen, skeptisch. Die vom Bundesinnenministerium dazu befragten Experten hätten
bereits mit großer Mehrheit festgestellt, dass das Auslagern von Asylverfahren
in Drittstaaten menschenrechtlich problematisch und verfassungsrechtlich sowie
vor allem praktisch kaum umsetzbar sei, sagte der Parteivorsitzende Omid
Nouripour am Freitag der Deutschen Presse-Agentur.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte den Ministerpräsidenten am
Donnerstagabend zugesagt, die Prüfung von möglichen Modellen für Asylverfahren
in Ländern außerhalb der Europäischen Union fortsetzen und dazu bis Dezember
konkrete Ergebnisse vorlegen. Er sagte nach dem Spitzentreffen: "Es ist fest
vereinbart, dass wir den Prozess fortführen und in diesen Fragen auch weiter
berichten werden." Gleichzeitig dämpfte Scholz die Erwartung, dies könne zu
einer erheblichen Reduzierung der Zahl der Asylanträge führen.

Italien hat vereinbart, einen Teil der im Mittelmeer geretteten
Bootsmigranten zur Asylprüfung nach italienischem Recht nach Albanien zu
bringen. Großbritannien will unerlaubt eingereiste Asylbewerber nach Ruanda
bringen, das dann nicht nur selbst die Asylverfahren übernehmen würde, sondern
auch Schutz gewähren beziehungsweise sich um eine Abschiebung kümmern soll.

"Was es braucht, sind schnellere rechtsstaatliche Verfahren und die
konsequente Umsetzung geltenden Rechts wie der europäischen Asylrechtsreform und
keine Scheinlösungen, die bereits in Großbritannien gescheitert sind", sagte der
Co-Vorsitzende der Grünen. Niemand solle so tun, als würden mit solchen
Vorschlägen die realen Probleme gelöst. Das führe nur zu Enttäuschungen.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) verwies ebenfalls auf die auf
EU-Ebene getroffenen Vereinbarungen. Sie sagte: "Kooperationen mit Drittstaaten
können ein weiterer Baustein der Migrationspolitik sein. Diese können aber ganz
anders als das EU-Asylsystem keinen großen Effekt haben zur Begrenzung von
Flüchtlingszahlen - das zeigen die bisherigen Erfahrungen Italiens und
Großbritanniens."/abc/DP/jha

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