04.07.2024 06:00:02 - dpa-AFX: ROUNDUP: Steigt Biden aus US-Wahlkampf aus? Demokraten nervös

WASHINGTON (dpa-AFX) - Im US-Wahlkampf wird die Luft für Präsident Joe Biden
dünner: Nach seinem desaströsen Auftritt bei der TV-Debatte gegen Herausforderer
Donald Trump verschlechtern sich die Umfragewerte des Demokraten. Zudem mehren
sich in der eigenen Partei die Stimmen, die einen Rückzug des 81-Jährigen aus
dem Rennen um die Präsidentschaft fordern. Biden will sich bei der US-Wahl im
November weiterhin eine zweite Amtszeit sichern und den Wiedereinzug Trumps in
Weiße Haus verhindern. Doch scheint fraglich, ob und wie lange er dem Druck noch
standhalten kann.

In den vergangenen Wochen lieferten sich Trump und Biden in den Umfragen ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Der Republikaner lag stets ein bis zwei Prozentpunkte vorn
- trotz seiner Skandale und der Verurteilung in einem New Yorker Strafprozess.
Seit der Fernsehdebatte konnte Trump seinen Vorsprung in der Wählergunst jedoch
signifikant ausbauen, wie aktuelle Umfragen zeigen. Befragungen der "New York
Times", von CNN und "Wall Street Journal" sehen ihn nun mit sechs bis acht
Prozentpunkten vor Biden. Bei den Demokraten steigert das die Nervosität - und
offenbar auch die Bereitschaft, über einen anderen Kandidaten nachzudenken.

In den USA spielen solche Umfragen - obwohl sie wegen verschiedener Faktoren oft vergleichsweise ungenau sind - eine große Rolle. Mehren sich die schlechten
Werte für einen Politiker, kann das eine wichtige Signalwirkung für dessen
Unterstützer haben, also auch für die im US-Wahlkampf unabdingbaren Geldgeber.

Druck auf Biden wächst

Spitzenpolitiker aus Bidens Partei hatten sich in den vergangenen Tagen mit
öffentlicher Kritik zurückgehalten. Am Dienstag forderte dann der erste
demokratische Abgeordnete im US-Repräsentantenhaus, Lloyd Doggett aus Texas,
Biden öffentlich dazu auf, aus dem Rennen auszusteigen und Platz für einen
anderen Kandidaten zu machen. Ein zweiter demokratischer Abgeordneter, Raúl
Grijalva aus Arizona, schloss sich den Forderungen am Mittwoch an.

Doch vor allem hinter den Kulissen brodelt es: Biden griff für
Krisengespräche selbst zum Hörer, wie das Weiße Haus mitteilte. Demnach
telefonierte er am Mittwoch mit hochrangigen Demokraten wie dem Mehrheitsführer
im Senat, Chuck Schumer, dem Minderheitenführer im Repräsentantenhaus, Hakeem
Jeffries, und weiteren Parlamentariern.

Am Abend schaltete sich Biden mit mehr als 20 demokratischen Gouverneuren
zusammen - wohl mit dem Ziel, sich deren Unterstützung zu sichern. Der
Gouverneur von Maryland, Wes Moore, bezeichnete das Gespräch im Anschluss als
"aufrichtig". Man stehe hinter Biden, aber sorge sich um den Stand der
Demokraten im Rennen um die Präsidentschaft.

Im Weißen Haus bemühte sich Bidens Stabschef Jeff Zients um
Schadensbegrenzung. In einer Telefonschalte mit mehr als 500
Regierungsmitarbeitern rief Zients übereinstimmenden Medienberichten zufolge
dazu auf, den "Lärm" um Biden auszublenden und sich auf die Regierungsarbeit zu
konzentrieren. Die vergangenen Tage seien eine Herausforderung gewesen. Die
Fokussierung aller Mitarbeiter auf die Regierungsarbeit werde in der heißen
Wahlkampfphase noch wichtiger, sagte er demnach.

Weißes Haus: Biden bleibt im Rennen

Die Regierungszentrale versucht weiterhin vehement, jegliche Zweifel an der
Eignung des Präsidenten für sein Amt zu zerstreuen. Die Sprecherin des Weißen
Hauses, Karine Jean-Pierre, die sich normalerweise von ihrem Podium aus nur zu
Regierungsangelegenheiten und nicht explizit zum Wahlkampf äußert, betonte
mehrfach, Biden werde im Rennen bleiben.

Zuvor hatte das Weiße Haus Medienberichte zurückgewiesen, die nahelegen,
dass Biden über einen Rückzug nachdenkt. In dem Bericht der "New York Times"
heißt es, der Präsident habe mit einem "wichtigen Verbündeten" darüber
gesprochen. Nach dessen Angaben habe Biden in dem Gespräch gesagt, er wisse,
dass er seine Kandidatur möglicherweise nicht mehr retten könne, wenn er in den
kommenden Tagen nicht von seiner Eignung als Präsidentschaftskandidat überzeugen
könne. "Diese Behauptung ist absolut falsch", teilte ein Sprecher der
Regierungszentrale daraufhin mit.

In den kommenden Tagen will Biden mehrere Auftritte absolvieren: Am Freitag
ist ein Fernsehinterview geplant, in den kommenden Tagen sollen
Wahlkampfauftritte in den Bundesstaaten Wisconsin und Pennsylvania sowie in der
kommenden Woche eine Pressekonferenz beim Nato-Gipfel in der US-Hauptstadt
Washington folgen.

Vize Harris rückt in den Fokus

Derweil richtet sich der Fokus zunehmend auf Bidens Stellvertreterin Kamala
Harris. Sie könnte Biden im Rennen um die Präsidentschaft ersetzen. Während
besonders in den sozialen Medien haufenweise Spekulationen über einen möglichen
Wechsel kursierten, ging ein Unterstützerteam von Ex-Präsident Donald Trump zum
verbalen Frontalangriff auf die Demokratin über. "Die Demokraten beginnen, sich
hinter Kamala Harris zu versammeln, da es nicht mehr zu leugnen ist, dass Joe
Biden ungeeignet für das Amt ist", hieß es in einer Mitteilung der
Wahlkämpfer./trö/DP/zb

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