03.07.2024 11:00:03 - dpa-AFX: HINTERGRUND/Günstig, gut, zuverlässig: Warum Verbraucher Eigenmarken treu sind

KÖLN (dpa-AFX) - Steinofenpizza, Fruchtgummi, Nudeln: Die Markenartikel der
großen Lebensmittelhersteller werden in diesen Tagen mit Rabatten von 50 Prozent
und mehr beworben. Sonderangebote sind für den Handel derzeit wichtig wie lange
nicht. Das lässt sich auch daran ablesen, wie sich der Umsatzanteil von
beworbenen Produkten entwickelt hat. Im Jahr 2020 wurden gut 16 Prozent aller
Produkte des täglichen Bedarfs über Sonderangebote mit Rabatt verkauft. Momentan
sind es knapp 23, bei Markenartikeln sogar etwa 30 Prozent. Das zeigen Daten der
Marktforscher von Consumer Panel Services GfK. Die Herstellermarken hätten ihre
Umsätze fast nur über Sonderangebote steigern können, sagt Konsumexperte Robert
Kecskes. "Die Produkte zum Normalpreis blieben häufig wie Steine im Regal
liegen."

Der Boom der Eigenmarken hält an - und Experten rechnen nicht damit, dass er so bald endet. "Vor allem viele Jüngere unterscheiden beim Einkauf nicht mehr
zwischen Handels- und Herstellermarke, sondern kaufen, was ihnen passt, schmeckt
und gefällt", sagt Kecskes. Vieles spreche dafür, dass die Menschen nur schwer
dazu zu bewegen sein werden, wieder zur Herstellermarke zurückzukehren.

Die hohe Inflation hat das Konsumverhalten verändert. Zwischen 2020 und 2023 verteuerten sich Nahrungsmittel um mehr als 30 Prozent. Zwar schwächte sich die
Teuerung ab, und die Konsumstimmung besserte sich geringfügig. Verbraucher
schauen jedoch nach wie vor stark auf Preise und Rabatte. Sie greifen vielfach
weniger nach Markenprodukten, sondern zu den preisgünstigeren Alternativen des
Handels.

"Gute Erfahrungen motivieren zum Wiederkauf"

Warum Eigenmarken so beliebt sind, zeigt auch eine in dieser Woche
veröffentliche Umfrage des Handelsforschungsinstituts IFH. Demnach sind die
Produkte günstig, die Qualität stimmt und die Verfügbarkeit ist oft besser. Eine
deutliche Mehrheit ist überzeugt, dass Eigenmarken genauso gut sind wie
Herstellermarken (74 Prozent) und sieht sogar ein besseres
Preis-Leistungs-Verhältnis (72 Prozent). "Viele Menschen bleiben nun bei den
Eigenmarken. Gute Erfahrungen motivieren zum Wiederkauf", sagte
IFH-Geschäftsführer Boris Hedde.

Die Eigenmarken des Handels profitierten zuletzt auch davon, dass bei
Markenprodukten in den vergangenen Jahren häufiger Regale leer blieben, sei es
wegen Lieferschwierigkeiten oder weil Händler und Hersteller über Preise
stritten. Die mangelnde Verfügbarkeit trug ebenfalls dazu bei, dass Verbraucher
zu Eigenmarken wechselten. Diese seien weniger anfällig für Engpässe, weil die
Händler Produktion und Lieferung selbst steuern könnten, so Hedde. Die Kunden
schätzen es, dass die Artikel zuverlässiger verfügbar sind.

Zahlen der zu Yougov gehörenden Consumer Panel Services GfK zeigen: Die
Herstellermarken haben es schwer. Sie legten beim Umsatz im vergangenen Jahr
trotz der gestiegenen Preise nur um 4 Prozent zu, die verkaufte Menge sank um
knapp 5 Prozent. Bei den Eigenmarken hingegen kletterte der Umsatz um 14 Prozent
und das bei leicht steigender Menge. Ihr Marktanteil ist gewachsen.

Sind Markenartikel künftig entbehrlich? IFH-Experte Hedde glaubt nicht, dass die Zeit der Herstellermarken abgelaufen oder ihre Strahlkraft erloschen ist.
"Die breite Auswahl ist ein entscheidendes Kriterium für Konsumentinnen und
Konsumenten, zu welchem Lebensmittelhändler sie gehen. Die Vielfalt wollen die
Menschen nicht missen." Der Handel wäre falsch beraten, das nicht zu bedienen.

"Herstellermarken bleiben für uns wichtig", sagt Rewe-Chef Lionel Souque.
Dennoch wünscht er sich von den Lebensmittelherstellern mehr Kreativität bei der
Entwicklung neuer Produkte. "Markenartikel müssen einen Mehrwert haben. Die
Leute sind nicht bereit, nur wegen der Marke das Doppelte zu bezahlen. Sie
erwarten, dass ein Produkt besser schmeckt, gesünder ist oder etwas Neues
geboten wird." Vielen großen Herstellern fehle es an Innovationsgeist.
Spannende, neue Sachen kämen häufig von kleinen Firmen oder Start-ups.

Welche Eigenmarken sind am günstigsten?

Supermärkte und Discounter haben ihr Eigenmarken-Angebot ausgebaut. Kunden
haben die Wahl zwischen Artikeln im Preiseinstiegs- und im höherwertigen
Premiumsegment. Bei Premium konnten die Händler zuletzt besonders stark zulegen.
"Hier ist es gelungen, eine "Ich gönne mir etwas"-Mentalität zu erzeugen", sagt
Hedde. Viele Verbraucher hätten gemerkt, dass es auch abseits der
Herstellermarken möglich sei, den Genuss zu bedienen und den Lebensstandard zu
erhalten.

Rewe und Edeka haben deutlich mehr Produkte in ihren Sortimenten als die
Discounter, der Anteil der Eigenmarken ist geringer. Bei Aldi liegt dieser bei
85 bis 90 Prozent. Im Jahr 2020 haben Aldi Nord und Aldi Süd damit begonnen,
ihre Eigenmarken zu harmonisieren. Das bringt Synergieeffekte in der Produktion
und Kostenvorteile, heißt es. Bei Aldi Nord blieben von 500 Marken 60 übrig, bei
Aldi Süd sind es rund 90. Markenartikel wie Coca-Cola sind als
Frequenzbringer dennoch bedeutend. Wenn die Kunden in den Markt kommen, um sie
zu kaufen, landet auch noch andere Produkte im Einkaufswagen.

Für die Supermärkte hingen ist die große Auswahl an Markenartikeln wichtig,
"um sich von den Discountern abzuheben", wie Rewe-Chef Souque sagt. Mit
Eigenmarken verdienen die Handelsunternehmen weniger Geld, dennoch schätzen auch
sie deren Vorteile. Die Eigenproduktion stärke die Unabhängigkeit und sichere
gerade in Zeiten unsicherer Lieferketten und volatiler Rohstoffmärkte die
Versorgung der Märkte in wichtigen Sortimentsbereichen, heißt es von Edeka.

Immer mehr Sonderangebote, immer mehr Preisdruck: Der Wettbewerb zwischen
den Lebensmittelhändlern verschärft sich weiter. Die Discounter konnten zuletzt
vom veränderten Einkaufsverhalten profitieren und gewannen Marktanteile hinzu.
Die Vollsortimenter versuchen dagegenzuhalten. So investierte die Rewe-Gruppe
2022 und 2023 jeweils einen dreistelligen Millionenbeitrag, um das Preisniveau
für Kunden möglichst stabil zu halten.

Sind die Eigenmarken beim Discounter günstiger? Nein, sagt der
Geschäftsführer des Preisvergleichsportals Smhaggle, Sven Reuter. Die
Preiseinstiegs-Marken des Handels kosteten - ob bei Aldi, Rewe, Lidl oder Edeka
- "überall ungefähr gleich viel"./cr/DP/mis

--- Von Christian Rothenberg, dpa ---
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